Manche Vertreter der Armleuchteralge mit dem botanischen Namen Chara erobern als Pionierpflanze neue Gewässer. Andere haben zwar hohe Standortansprüche, wenn sie sich aber ansiedeln, haben sie das Potenzial, das ganze Ökosystem zu prägen, wie die Algenforscherin Irmgard Blindow von der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswalderklärt. “Dort wo die Armleuchteralgen stark vorkommen, kann man von einer guten Wasserqualität ausgehen”, sagt Blindow.
Mit der Entscheidung für die Chara-Gattung wurde eine Art gewürdigt, von der 20 heimische Arten auf der Roten Liste der gefährdeten Organismen stehen. Die heimischen der weltweit etwa 300 vorkommenden Chara-Arten leben meist im Süßwasser. Man findet sie auch in kalkreichen und nährstoffarmen Seen , einige behaupten sich auch im Brackwasser bei Salzgehalten zwischen Süßwasser und Meer. Viele Arten besiedeln als erste neu entstandene Kleingewässer. Anderen Arten der Gattung fällt das oft schwerer. “Auch wenn eine Renaturierungsmaßnahme augenscheinlich geglückt ist, heißt das noch lange nicht, dass sich Chara erfolgreich wieder ansiedelt - selbst wenn bekannt ist, dass sie vorher dort lebte”, sagt Ökologin Blindow.
“Aber wenn sie wieder auftauchen, haben manche Armleuchteralgen, wie beispielsweise die Hornblättrige Armleuchteralge , Chara tomentosa, das Zeug, das ganze System zu dominieren”, erklärt die Algenforscherin. Diese Armleuchteralgen überwuchern den Gewässerboden wie eine dichte Wiese. In diesen Algenmatten wachsen Jungfische schnell heran. Vielen Vögeln dienen die Algen oder die in ihnen lebenden Kleintiere als Nahrung. Chara bietet vielen Jungtieren Schutz vor Übergriffen und Lauerjägern wie dem Hecht Verstecke. Biologen bezeichnen sie daher als Schlüsselorganismus des Ökosystems.
Dass Armleuchteralgen neue Gewässer erobern können, haben sie den Vögeln zu verdanken. Chara und andere Armleuchteralgen bilden extrem robuste Sporen , denen weder Austrocknen noch Einfrieren etwas anhaben können. Die Sporen überstehen auch die Passage durch einen Gänse- oder Entendarm. So werden sie von den Vögeln in andere Gewässer getragen. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich mancherorts die Wasserqualität durch den Bau von Kläranlagen verbessert. Dadurch haben sich die Chara-Bestände erholt. Die Struppige Armleuchteralge (Chara horrida), die nach 1980 in Deutschland als ausgestorben galt, hat Blindow etwa gemeinsam mit ihren Kollegen nun wieder vor der Ostseeinsel Hiddensee im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft aufgespürt.
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