„Und das“, sagt die junge Münchenerin und zeigt auf ein bizarres Foto an der Wand in ihrem Schlafzimmer, „und das war Achim in der 32. Woche“. Dieser Achim liegt inzwischen in seinem Bettchen, ist sechs Monate alt. Die seltsame Aufnahme wurde per Ultraschall in einem ungewöhnlichen Fotostudio in Potomac/Washington angefertigt, in 3-D-Ultraschalltechnik. Der Nachwelt und Achim selbst also ist überliefert – schön gerahmt! -, wie das Kind im Mutterleib aussah. Noch einmal: Dreidimensional, und in Farbe, so weit es die gibt.
Ultraschallaufnahmen von Föten wurden bisher – meist um die 20. Woche der Schwangerschaft – ausschließlich zu medizinischen Zwecken angefertigt, etwa um das Geschlecht zu bestimmen oder um mögliche Krankheiten oder Deformationen des Ungeborenen zu erkennen. Solche für das ungeübte Auge im Grunde wirren, kaum zu definierende Aufnahmen – Negerkampf im Tunnel, hätte man früher gesagt – wurden stolz auch Freunden und Verwandten gezeigt: „Guckt doch mal …“.
Das ist zwar noch Gegenwart, aber in gewisser Weise auch Vergangenheit. Denn inzwischen haben sich in den USA einige Spezialfotolabors etabliert, die mit modernsten Ultraschallgeräten Fotos und Videos der Ungeborenen herstellen – und das, im Gegensatz zu vielen der rein medizinischen, mit unglaublicher Klarheit, in kleinstem Detail. Deshalb kann die werdende Mutter Shirlesa Glaspie (24) aus Lanham/Maryland auch schwärmen: „Ich bin in der 30. Woche, ich habe auf dem Video gesehen, wie er gähnt, seine Zunge heraus streckt, wie er lächelt. Jetzt kann ich mir besser vorstellen, was in meinem Bauch vor sich geht, wenn der Kleine sich dreht und wendet“.
Matt Evans, der solche Aufnahmen mit seiner Firma www.baby-insight.com herstellt, versieht seine Fötusvideos sogar mit Begleitmusik. Für 260 Dollar gibt es das Video, zwei große und zehn Passformatfotos. „Unsere Technologie wird von Monat zu Monat besser“, sagt er, „die werdenden Mütter stehen geradezu Schlange. Deshalb werden wir bis Ende 2005 insgesamt 75 solcher Ultraschallstudios errichten“. Er denkt auch an Filialen in Europa, will sich dazu aber aus Konkurrenzgründen nicht näher äußern.
Spezialgeräte liefern General Electric, Siemens sowie Philips and Medison. Sie kosten zwischen 25 000 und 150 000 Dollar. Matt Evans von Baby Insight kaufte ein gebrauchtes der Marke GE Voluson 730 für 75 000 Dollar, verschweigt aber die Lieferadresse. Denn er fürchtet ein Eingreifen der Food and Drug Administration, die nicht nur für Medikamente, sondern auch für medizinisch-technische Geräte zuständig ist. Schließlich ist es rechtlich und medizinisch nicht unumstritten – zumindest in einigen US-Bundesstaaten -, ob Nichtmediziner in dieser Weise aktiv werden dürfen.
Einige Ärzte sowie US-Aufsichtsgremien befürchten, dass so genannte „Laien-Aufnahmen“ zu falschen medizinischen Diagnosen führen könnten. In dieser Richtung auch äußerte sich die US-Gesellschaft für Ultraschallmedizin (American Institute of Ultrasound in Medicine). Sie kolportieren diesen Fall: Eine Patientin dachte aufgrund einer nichtmedizinischen Ultraschallvideoaufnahme, ihr Baby sei gesund – bei einer ärztlichen Untersuchung dagegen stellten sich ungewöhnliche Chromosomenkonditionen heraus, die zu schweren Körperbehinderungen hätten führen können. Die junge Frau beendete die Schwangerschaft.
Alle derzeit gebräuchlichen Diagnose-Ultraschallgeräte, so versichert die US-Ultraschallgesellschaft aber auch, stellen keinerlei Gefährdungen dar, weder für Mutter noch für Kind. Diese Ansicht auch vertritt die Berliner Internistin Dr. Larissa Niederstadt.