In Deutschland leiden einer Hochrechnung zufolge zwischen 1,3 und 1,9 Millionen Menschen an dieser seltenen Erkrankung, die jedoch kaum jemand kennt. Sie bindet wortwörtlich die Hände und macht einfachste Handlungen
im Alltag zu einer großen Herausforderung. Wurde bislang in schweren Fällen eine Operation in Betracht gezogen, gibt es seit kurzem auch die Möglichkeit per Injektion zu therapieren.
Sich das Gesicht waschen, das Besteck halten oder einen Handschuh überziehen – die Dupuytren’sche Kontraktur, auch Morbus Dupuytren genannt, macht diese alltäglichen Bewegungen schnell zur Geduldsprobe. Der Grund: Die Betroffenen können ihre Finger nicht mehr ausstrecken. Das Zugreifen wird erschwert, weil die gekrümmten Finger im Weg sind.
Sensibilität und Kraft der Hand lassen nach. „Von Schmerzen berichten die Patienten seltener, aber die fortschreitende Krankheit schränkt in vielen Fällen die Lebensqualität stark ein und der Leidensdruck ist groß“, erklärt Dr. Jörg Witthaut, Chefarzt in der Handchirurgie an der Schön Klinik , Vogtareuth.
Dabei zeigen die Zahlen einen hohen Verbreitungsgrad: Hierzulande leiden Männer gut sieben Mal häufiger als Frauen an der Krankheit. Vor allem ältere Menschen sind betroffen. Ihren Anfang nimmt die Dupuytren’sche Kontraktur in den Handinnenflächen. Dort entstehen anfangs meist Knoten und es kommt zur Ablagerung von Collagen. Allmählich, meist im Verlauf von
Monaten oder Jahren, kann sich daraus ein Strang entwickeln, der bis in den Finger zieht. Dann lässt sich der Finger nicht mehr strecken und jeder Handgriff kann zu einer großen Herausforderung werden.
Die Ursachen der Dupuytren’schen Kontraktur sind noch unklar. Vererbung scheint eine Rolle zu spielen und auch Diabetes gilt als Risikofaktor. Außerdem erhöhen Alkohol- und Nikotinkonsum das Erkrankungsrisiko. Bei knapp der Hälfte der Fälle sind beide Hände betroffen, eine Hand jedoch in der Regel schwerer als die andere. Dabei ist unerheblich, ob der Patient Rechts- oder Linkshänder ist. Am häufigsten sind der Ringfinger und der kleine Finger betroffen.
Zehn Prozent der Erkrankungen bilden sich ohne Behandlung zurück. In vielen anderen, leichten Fällen ist ebenfalls keine Therapie nötig. Aber auch Patienten mit einer stärkeren Ausprägung der Kontraktur müssen sich nicht mit der Einschränkung ihrer Lebensqualität abfinden. Bisher wurde in erster Linie chirurgisch eingegriffen, um die Betroffenen von ihrem Leidensdruck zu befreien. Dabei wird das erkrankte Gewebe ganz oder teilweise entfernt oder der erkrankte Strang wird durchtrennt, um die Kontraktur zu lösen. Nun gibt es auch die Möglichkeit per Injektion zu therapieren: Eine bestimmte Art von Enzymen wird direkt in den Strang gespritzt, um diesen aufzulösen und so die Streckung des Fingers wieder zu ermöglichen, ohne operativ einzugreifen.
Basis der Hochrechnung sind epidemiologische Zahlen aus anderen europäischen Ländern. Brenner P. et al Dupuytren contracture in North Germany. Epidemiological study of 500 cases. Unfallchirurg 2001; 104, 303-311 / Brenner P. & Rayan G. M. Dupuytren´s disease: A concept of surgical treatment, 2003; Wien-New York, Springer.
Hart MG und Hooper G. Clinical associations of Dupuytren’s disease. Postgrad Med J 2005; 81: 425-428.
Trojian TH und Chu SM. Dupuytren’s disease: diagnosis and treatment. Am Fam Physician 2007; 76: 86-89.