In Deutschland leiden 30 Prozent aller Männer über 40 Jahre an Potenz-Problemen. Diese treten vorwiegend in Form von Erektionsstörungen (wissenschaftlich korrekt als erektile Dysfunktion bezeichnet), Orgasmusstörungen, vorzeitigem oder verzögertem Samenerguss. Betroffene Frauen klagen über mangelnde oder fehlende Erregung, haben Probleme mit der Befeuchtung der Vagina, Orgasmusstörungen oder Krämpfe der Scheidenmuskulatur.
Deshalb startet unter dem Motto “Liebe hält gesund” das Informationszentrum für Sexualität und Gesundheit e.V. (ISG) in Freiburg ab Ende Mai eine Kampagne gegen das Schweigen bei sexuellen Problemen. Sie soll den Betroffenen Mut machen, darüber zu sprechen.
Allein in Deutschland leiden rund sechs Millionen Männer unter Erektionsstörungen. Doch nur drei bis vier von 10 betroffenen Männern sind bereit, ihr Problem zuzugeben. Und das sind nicht, wie vermutet, nur ältere Menschen: das Problem betrifft alle Altersgruppen. „Darüber spricht man nicht“, denken die meisten. Sexuelle Probleme sind jedoch eine „Chance zur Wende“, wie Dr. Michael Berner, Psychiater und Mitglied des ISG-Vorstandes erklärt. Ein wichtiger Punkt sei, die Sprachlosigkeit der Männer zu überwinden. Die Verweigerung seines „besten Stückes“ als Notbremse zu sehen. Aber auch etwas dagegen tun: eine eigene Sprache entwickeln – lernen, über Gefühle, Sexualität und Bedürfnisse zu sprechen. Und vor allem: konkrete Hilfe suchen und annehmen. Wer das nicht tut, der verspielt nicht nur die Chance einer erfolgreichen Therapie. Er verzichtet auch auf ein Stück Lebensqualität. Denn in einer Gesellschaft, wo es verstärkt auf Leistungsfähigkeit und Perfektion ankommt, nehmen psychosomatische Krankheiten immer mehr zu. Und so sind es Erwartungsängste, Erfahrungs- und Informationsdefizite, Ängste und Konflikte, die es dabei zu überwinden gilt.
Als ein natürlicher Ausdruck von Zuneigung und Liebe zwischen zwei Menschen spielt Sexualität eine wichtige Rolle. Gestörte Sexualität – ob körperlich oder seelisch bedingt – kann die Lebensqualität und die Gesundheit der Betroffenen erheblich beeinträchtigen und die Partnerschaft belasten. Dennoch sind die sexuellen Funktionsstörungen in der Öffentlichkeit immer noch ein Tabuthema. Betroffen stehen allein da und wissen nicht, an wen sie sich wenden sollen. “Sexualität hat Sprache, macht aber auch sprachlos”, sagte der Diplom-Psychologe Dr. Steffen Fliegel, Münster. Männern mit Erektionsstörungen fällt das Reden besonders schwer, weil sie befürchten belächelt oder sogar ausgelacht, bedauert, bemitleidet zu werden. Der Diplom-Psychologe rät deshalb zu einem partnerschaftlichen Gespräch über die sexuellen Bedürfnisse. Es kann viele Vorurteile ausräumen und einem sexuellen Rückzug vorbeugen. Aber auch Ärzte sollten besser geschult werden, um mit diesen Problemen besser umgehen zu können. Der ISG hat deshalb ein Register mit Ärzten angelegt, die zu diesem Thema vertrauenswürdig und ansprechbar sind. Aber auch eine Broschüre und eine telefonische Hotline sollen aufklären und zum Handeln motivieren.
Die Ursachen der Erektionsstörungen sind vielfältig. Neben psychischen Ursachen sind diese häufig auch Folge einer bestehenden Grunderkrankung, wie Zuckerkrankheiten, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Fehlernährung oder Hormonmangel im Alter. Inzwischen stehen zahlreiche wirksame und sichere Therapiemöglichkeiten für die Betroffenen zur Verfügung, die den Bedürfnissen; Möglichkeiten und Wünschen beider Partner gerecht werden. Die besten therapeutischen Ergebnisse hat die Einnahme in Tablettenform bewirkt. Wer handelt, mit dem Partner kommuniziert und ein orales Medikament einnimmt, der spürt schon nach 3 Monaten eine Verbesserung. Zu diesem Ergebnis kommt das ISG nach der Auswertung zahlreicher Untersuchungen und Langzeitstudien. Daraus geht unter anderem auch hervor, dass Sexualität Wohlfühlhormone freisetzt, körperliche Beschwerden mindert, Kalorien verbraucht und die allgemeine Vitalität fördert.
Kurz gesagt: Sexualität entspannt und beruhigt. Und sie bringt auch Stabilität in die Partnerschaft. “Hinzu kommt, dass die sexuelle Zufriedenheit für viele Partnerschaften eine wichtige Voraussetzung für die Stabilität der Beziehung ist”, erklärte Dr. Michael Berner, Psychiater und Mitglied des ISG-Vorstandes, im Rahmen einer Pressekonferenz in Hamburg. “Paare, die offen über ihre Sexualität sprechen, lernen sich besser kennen, achten mehr auf ihre Gefühle, zeigen mehr Zuneigung und können auch eventuelle Probleme ihres Liebeslebens besser bewältigen.” Zufriedene Paare haben wiederum weniger ernsthafte Erkrankung. Liebe hält tatsächlich gesund. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung, das Vermeiden von Alkohol und Nikotin sowie geistiges und körperliches Training sind natürlich Voraussetzungen, dass man sowohl gesund als auch sexuell aktiv bleibt.
Die positiven Auswirkungen der Sexualität hat das ISG zum Anlass genommen, diese bundesweite Informationskampagne durchzuführen. Mit dem Motto “Liebe hält gesund” sollen die Betroffenen zum Reden über sexuelle Funktionsstörungen motiviert werden. “Die Kampagne wertet die Sexualität auf. Durch ihre einfühlsame und lebensbejahende Botschaft setzt sie die Hemmschwelle herab, über intime Probleme zu reden”, sagte Professor Dr. Ulrich Wetterauer, 1. Vorsitzender des ISG. Zudem gibt es heute wirksame Medikamente, mit denen Erektionsstörungen erfolgreich behandelt werden können. Während bei Frauen die sexuelle Dysfunktion oft viel komplexere Ursachen hat und somit nicht einfach medikamentös behandelt werden kann, liesse sich bei Männern das Wohlbefinden oft durch eine Behandlung mit Medikamenten – und somit eine Wiederherstellung der sexuellen Funktionstüchtigkeit - erheblich verbessern.
Die Kampagne wird von den Arzneimittelherstellern Lilly ICOS und Pfizer unterstützt. Die Betroffenen sollen direkt über Ärzte, Apotheker, Verbände und Patientengruppen, bei denen sexuelle Störungen häufig als Begleitsymptome auftreten wie zum Beispiel Diabetes, Herzkreislauf, Parkinson, angesprochen werden. Wichtigstes Informationsmittel der Kampagne ist die kostenlose Broschüre “Liebe - Lust zum Lesen” mit 36 Anregungen zur gesunden Partnerschaft. Sie kann unter www.isg-info.de heruntergeladen bzw. telefonisch unter 01805 - 55 84 85 (12 Cent/Min.) angefordert werden. Die ISG-Infoline dient vor allem als Kontaktstelle für Ratsuchende, die anonym bleiben möchten. Sie ist Montag bis Freitag von 15.00 bis 20.00 Uhr besetzt.