Eine der ältesten Behandlungsmethoden gegen Krebs gehört heute zu den innovativsten Gebieten der Medizin, die Strahlentherapie. Dank neuer Techniken konnten Verfahren entwickelt werden, die bei der Entdeckung der “X-Strahlen” durch Wilhelm Conrad Röntgen unvorstellbar gewesen sind.
„Heute können sich unsere Strahlenpatienten ruhig auf einen Kurzparkerstellplatz stellen”, sagt Dr. Helmut Gnann, Chefarzt der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Klinikum Esslingen. Und dies zu Recht, denn in seiner Klinik steht seit wenigen Monaten die modernste und schnellste Technik, die derzeit auf dem Markt ist. Ein Linearbeschleuniger der neuesten Generation mit der sogenannten „Rapid-Arc-Technologie”. „Wir waren das dritte Krankenhaus in Deutschland und die erste Klinik in Süddeutschland, die dieses Gerät angeschafft hat”, so Gnann.
Das Prinzip der Bestrahlung hat sich damit zwar nicht geändert, wohl aber die gesamte Technik darum. Immer noch schädigen energiereiche Strahlen die Tumorzellen so stark, dass sie absterben. Gesunde Zellen reagieren weniger empfindlich und verfügen meist über Reparaturmechanismen, welche Tumoren mit ihrem schnellen, überschießenden Wachstum nicht mehr zur Verfügung stehen.
Die Strahlentherapie ist seit vielen Jahren eine etablierte Behandlungsform. Bei ungefähr der Hälfte aller Tumorpatienten wird sie angewendet. Doch die Techniken sind meist aufwendig und für den Patienten ziemlich zeitintensiv. Der Patient musste während der Behandlung lange stillliegen, denn bislang stoppte der Strahlerkopf nach jeder Bestrahlung, bevor er eine neue Position anfährt.
Die Rapid Arc Bestrahlungstechnik erlaubt es hingegen den Ärzten, einen Bestrahlungsplan mit unterschiedlichen Bestrahlungsdosierungen, in Fachkreisen intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) genannt, innerhalb einer Drehung des Therapiegeräts rund um den Patienten zu verabreichen. Die neue Technik ermöglicht es, die berechnete Dosis über eine kreisförmige Bewegung so auf den Tumor abzugeben, dass die Strahlung sich genau im Tumor bündelt. Die Bestrahlung erfolgt dann in einer einzigen 360-Grad-Drehung des Strahlerkopfes um den Patienten herum. „Die Form des Bestrahlungsfeldes und die Strahlendosis passen sich während der Behandlung ständig der Form und Position des Tumors an”, sagt Experte Gnann. Kommen gesunde Organe in das Strahlenfeld, schieben sich automatisch Bleilamellen zwischen den Röntgenstrahl und den Patienten, sodass gesundes Gewebe geschont wird. Jede Lamelle wird einzeln gesteuert und kann dynamisch in verschiedene Richtungen bewegt werden, während der Strahlerkopf um den Patienten rotiert. Ermöglicht wird diese Technik durch eine besonders leistungsfähige Computertechnik mit und einer sehr anspruchsvollen Technik des Linearbeschleunigers.
Die Hochpräzisions-Strahlentherapie lässt sich also in deutlich kürzerer Zeit planen und durchführen als bisher. Eine ganz präzise Bestrahlung eines Kopf-Halstumors beispielsweise dauerte bisher rund 15 Minuten. Mit dem neuen Gerät können solche Behandlungen in etwa zweieinhalb Minuten erledigt werden.
Die innovative Bestrahlungstechnik wird insbesondere bei Patienten mit Kopf-Halstumoren, Enddarmtumoren, gynäkologischen Tumoren sowie Prostatakarzinomen, angewandt. So wie bei dem 71jährigen Walter Powoden aus Nürtingen, er bekommt insgesamt 42 Bestrahlungen gegen seinen Prostatatumor, fünf in der Woche. “Bei mir ist die Therapie genau in den Tagesablauf eingeplant und dauert mit Weg zur und von der Klinik kaum 45 Minuten”, sagt der Rentner, der nur rund zwei Minuten im Behandlungsraum sein muss. Dieses kurze Zeitintervall ermöglicht es Therapeuten über 70 Patienten am Tag zu bestrahlen.
“Mit der neuen Technologie profitieren noch mehr Patienten als bisher von dieser hochpräzisen Form der Strahlentherapie”, sagt auch Professor Michael Molls, Ordinarius und Direktor, Klinik für Strahlentherapie und Radiologische Onkologie, Klinikum Rechts der Isar, Technische Universität München, sowie Präsident der Akademie für Fort- und Weiterbildung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie. „Kürzere Behandlungszeiten bedeuten mehr Komfort für die Patienten.”, so Molls weiter.
“Mit der Rapid Arc Technologie konnten wir unser bestehendes Angebot an Behandlungsmöglichkeiten von Tumorerkrankungen deutlich erweitern und bewegen uns hier in der Klinik auch international auf höchstem Niveau. So ist es uns möglich für jeden einzelnen Patienten die passende Strahlenbehandlung auszuwählen”, freut sich Chefarzt Dr. Helmut Gnann über die neuen Möglichkeiten.
Klinikum Esslingen Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie
Sekretariat:
- Martina Jäger
- Telefon 0711 / 3103-3321
- Telefax 0711 / 3103- 3339
- E-Mail: m.jaeger@klinikum-esslingen.de