Auch hier hat die Corona-Pandemie wieder einmal deutlich gezeigt, wie sehr ein Impfschutz gegen das Erkrankungsrisiken für Menschen mit Immunschwäche notwendig ist. Und das gilt ganz besonders für Menschen mit einer eingeschränkten Immunabwehr. Denn bei ihnen ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass die Erkrankung einen schwereren Verlauf nimmt. Wie ein Impfschutz trotz der Immunschwäche aufgebaut werden kann und warum Betroffene besonders auf einen vollständigen Impfschutz achten sollten, erfahren Sie nachstehend.
Ein gesundes Immunsystem ist in der Lage, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden, also zwischen den Zellen des eigenen Körpers und Eindringlingen wie Viren, Bakterien und anderen Krankheitserregern, die dem Körper schaden können. Wird eine Gefährdung registriert, springt eine komplexe Kaskade an Maßnahmen auf Zellebene an – die Immunabwehr wird aktiviert. Die Fähigkeit, sich gegen eindringende Krankheitserreger zur Wehr zu setzen, kann jedoch gestört und herabgesetzt sein – die Medizin spricht dann von einer Immundefizienz oder einer mangelnden Immunkompetenz. Dr. med. Bettina Schraut, Fachärztin für Innere Medizin, Notfallmedizin und Diabetologin DDG aus Aschheim erläutert, wer zur Gruppe der Menschen mit einer Immundefizienz zählt: „Eine eingeschränkte Immunkompetenz kann durch einen angeborenen Immundefekt oder durch bestimmte Erkrankungen verursacht werden beziehungsweise durch Medikamente, die die Immunabwehr teils gezielt senken. Zur Risikogruppe zählen daher Menschen mit einer HIV-Infektion, einer Autoimmunkrankheit wie der rheumatoiden Arthritis, dem Systemischen Lupus erythematodes oder der Multiplen Sklerose sowie anderen chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Auch bestimmte Arten von Krebs beziehungsweise deren Behandlung senken die Immunkompetenz der Betroffenen. In diesen Fällen ist ein besonderer Impfschutz empfohlen.“
Es klingt zunächst paradox, doch bei einigen Medikamenten besteht der therapeutische Nutzen darin, das Immunsystem absichtlich herunterzuregeln. Dr. med. Franziska Wiesent, Fachärztin für Innere Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie am Endokrinologikum München, nennt die wichtigsten Medikamentengruppen: „Allen voran sind es die Glucocorticosteroide – landläufig und nicht ganz korrekt „Kortison“ genannt. Sie schwächen in Abhängigkeit von Einnahmeform, Dosis und Dauer der Therapie das Immunsystem. In der Rheumatologie sind es die DMARD-Therapien (Disease Modifying Antirheumatic Drug). Alle diese Medikamente greifen mehr oder weniger stark in das Immunsystem ein, auch die Biologika genannten Antikörpertherapien. Mit ähnlichen Medikamenten werden zudem viele andere Erkrankungen behandelt, darunter Krebserkrankungen oder neurologische Krankheiten wie etwa Multiple Sklerose. Insgesamt nehmen sowohl die Zahl immunmodulierend wirksamer Medikamente als auch die damit behandelten Erkrankungen stetig zu.“
Impfungen nutzen die Fähigkeit unseres Immunsystems, Antikörper gegen Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien zu bilden. Doch wie kann es gelingen, erfolgreich eine Immunantwort zu erzeugen, wenn ausgerechnet das Immunsystem in seiner Funktion und Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist? Warum dies nur ein scheinbarer Widerspruch ist, erläutert der Heilbronner Kinder- und Jugendarzt Dr. med. Ulrich Enzel, Autor von Fachpublikationen zum Thema Prävention im Bereich Impfwesen: „Eine Schwächung des Immunsystems bedeutet eben gerade nicht, dass es überhaupt nicht in der Lage wäre, mit Hilfe von Impfstoffen einen Schutz gegen Krankheiten aufzubauen. Bei den meisten der vielen unterschiedlichen Arten einer Immunschwäche ist das Immunsystem immer noch ausreichend kompetent, so dass eine erfolgreiche Immunantwort gegen Krankheitserreger erreicht werden kann. Dies gilt für fast alle beimpfbaren Krankheiten, durch die Immungeschwächte ohnehin weit stärker bedroht sind.“
Neben Viren sind vor allem Bakterien wie Pneumokokken oder Meningokokken Ursache von Infektionskrankheiten. Kugelbakterien – medizinisch Kokken – haben besondere Strategien entwickelt, um sich vor der menschlichen Immunabwehr zu schützen: Sie bedienen sich einer Kapsel, die wie eine Tarnkappe wirkt. Ein geschwächtes Immunsystem ist nicht in der Lage, diese Kapsel zu knacken – und das kann gravierende Folgen haben: Eine Meningokokken-Infektion kann innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich werden – jede zehnte Erkrankung endet tödlich. Die Bakterien verursachen in zwei Dritteln der Fälle eine eitrige Hirnhautentzündung, bei einem Drittel kommt es zu einer Blutvergiftung (Sepsis). Meningokokken-Erkrankungen müssen stationär im Krankenhaus behandelt werden, da sie fast immer schwer verlaufen und Komplikationen wie Krampfanfälle oder Taubheit nach sich ziehen, bei Kindern gegebenenfalls auch Entwicklungsstörungen.
Quelle: PM 6-3, Pfizer
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