Die Pandemie brachte auch die Thermen zum Erliegen. Keine Besuche mehr in den warmen Sprudeln einer gepflegten Thermenlandschaft. Und so wundert es denn nicht, dass Thermen, nachdem man die Pandemie nun (vorerst) für beendet erklärte, geradezu einen Boom erleben. Wirklich neu ist diese Liebe zum warmen Wasser allerdings nicht. Bereits die Ägypter, und vermutlich vor ihnen noch andere Völker, frönten vor über 4000 Jahren dem Vergnügen in Thermalbädern. Zum gesellschaftlichen Event stilisierten es dann die Römer, wo ein Thermen-Besuch weit mehr als nur ein Badevergnügen war. Hier wurde politisiert, intrigiert und auch geliebt - durchaus auch alles auf einmal. Genau wie heute gab es die Möglichkeit, neben allerlei unterschiedlicher Badeanwendungen, lukullisch zu speisen, bacchantisch den Wein zu genießen und amouröse Abenteuer zu entdecken. Klatsch und Tratsch blühten aufs Trefflichste zwischen Massagen und Menüs im angenehm warmen Thermalwasser der zahlreichen Luxus-Spas der Antike. 170 Badehäuser, 860 Bäder und 11 Thermen gab es in Rom zwischen 33 v. und 300 n. Chr.. Die Bäder des römischen Kaisers Caracalla konnten bis zu 2000 Gäste aufnehmen. Eine Zahl, die bis heute kaum wieder erreicht wurde.
Mit den Römern verabschiedete sich auch die Badekultur aus der Geschichte. Das Mittelalter war nicht nur finster, sondern auch äußerst unhygienisch und bot somit Pest und Cholera ein offenes Tor. Es gab zwar Badehäuser, doch diese dienten eher dem erotischen Vergnügen, denn der Gesundheit. Fast zweitausend Jahre brauchte Westeuropa, um zu den Ursprüngen der Thermenkultur zurückzufinden. Wahrlich keine Meisterleistung all jener Völker, die sich in dieser Zeit für so klug hielten! Erst im 19. Jahrhundert bekamen die warmen Quellen neuen Aufschwung. Neue Kenntnisse in Medizin und Naturwissenschaften trugen dazu bei, dass Orte wie Kissingen, Ems oder Baden-Baden ihre heilenden Quellen entdeckten und sich bald mit dem Zusatz “Bad” vor dem Namen schmücken konnten. Nicht nur die einheimischen Fürstenhäuser, sondern auch die “große weite Welt” (zumindest was man damals darunter verstand), ließ sich in den Kurorten mit ihrem Gefolge nieder, errichteten palastähnliche Bauten und frönten dem köstlichen Wohlergehen im warmen und gesundem Wasser.
Und nach diesem kleinen Exkurs in die Geschichte kommen wir zur Jetztzeit. Von einem Thermenboom kann nicht gerade die Rede sein, doch es geht langsam, aber stetig aufwärts. Kuren, einst heiß begehrt vor allem von der Beamtenklasse, die in aller Regel inklusive Ehepartner, meist zweimal jährlich diesen Zusatzurlaub bewilligt bekamen, ist man heute noch weit entfernt. Weder Eheparnter noch Kurschatten bereichern einen heutigen Reha-Aufenthalt. Und ob sich eine Thermalquelle an Ort und Stelle befindet, ja, das ist wohl auch Glückssache.
Doch die Thermen der Neuzeit sind in erster Linie gar nicht auf dieses Publikum angewiesen. Sie bedienen sich längst moderner Marketing-Konzepte und entwickeln sich immer mehr zu Event-Locations für durchaus die ganze Familie. Vom Kleinkind bis zu den Großeltern für jeden findet sich das richtige Wohlfühlkonzept. Und es wird, gut durchdacht, über die verschiedenen Wochentage hinweg verteilt.
Eine Pionierrolle dabei spielt die, nachdem Krieg von München in die Schweiz ausgewanderte Familie Kannewischer. Vater und Söhne machten es sich zur Aufgabe, aus maroden Kurbädern attraktive Thermen-Oasen zu gestalten. Längst zählt das Familienunternehmen zur obersten Klasse in Fragen von Sanierung bei öffentlichen Bädern und Thermen.
Vier Bausteine bilden die Säulen ihrer wohldurchdachten Wohlfühl-Strategie: Bewegung, wechselwarmes Badeverfahren, körperliche Erholung und mentale Ruhezeiten. Das alles ist, architektonisch eingebettet in modernste (unsichtbare) Technik, warme, beruhigende Farben und, wo immer es geht, natürliche Baumaterialien. Und über allem steht die Devise: Quality sells! Heißt umgesetzt: Kompetenz gepaart mit rechnerischer Wirschaftlichkeit.
Zur Kannewischer Collection zählen mittlerweile die Thermen in Bad Kissingen (KissSalis), Bad Salzuflen (VitaSol), Baden-Baden (Caracalla und Friedrichsbad), die Spreewald-Therme sowie Bad Ems1. Die beiden letztgenannten sind zudem mit Thermenhotels ausgestattet, von denen man über den sogenannten Bademantel-Gang direkt vom Hotelzimmer in die Therme gelangen kann. Wobei die Caracalla-Therme in Baden-Baden bereits 1985 die erste, rein Wellness orientierte Therme in Deutschland war. Und all diese Thermen sind, im Sinne des Wortes “echte” Thermen, d. h. sie werden auch tatsächlich mit Thermalwasser gespeist. Das ist insofern wichtig, als der Begriff Therme rechtlich nicht geschützt ist, d. h. jeder darf den Begriff verwenden. Daher gibt es auch viele Thermen ohne Thermalwasser!
Zusammen mit der Spreewald-Therme verfügt auch die Therme in Bad Ems über ein direkt angegliedertes Thermenhotel. Die 4-Sterne-Häuser sind wahre Oasen des Wellbeings und über einen direkten Gang mit den Thermen verbunden. Im Thermenhotel Bad Ems (84 DZ) beispielsweise kann man, direkt am Flussufer der Lahn gelegen, auf der Sonnenterrasse köstlich dinieren oder sich in der Bar am Kaminfeuer gemütlich zurückziehen. On Top befindet sich die Skylounge mit prachtvollem Blick über den Fluß hinein in den Sonnenuntergang. Die raumhohen Fensterfronten bieten auch an Regentagen einen beeindruckenden Ausblick auf das ehemalige Kaiserbad, welches sich einst mit dem Beinamen “Klein-Nizza” schmückte
Baden-Baden, Bad Ems und Bad Kissingen gehören seit 2021 zu den Great Spa Towns of Europe und wurden von der UNESCO zum Welterbe ernannt. ↩
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