Kreuzfahrten erfreuen sich schon seit Jahren immer größerer Beliebtheit - man sieht und erlebt viel, ohne sich der Strapaze des ständigen Koffer ein- und auspacken zu unterwerfen, lernt interessante Menschen kennen, genießt den Aufenthalt in quirligen Hafenstädten und kann auf den zahlreich angebotenen Landausflügen ausreichend Kultur tanken. Wer nicht so ganz seefest ist, sollte unbedingt den gemütlichen Flußkreuzfahrten den Vorzug geben. Neben dem Rhein zählt die 2888 Flußkilometer lange, zehn Länder passierende und in West-Ost-Richtung strömende Donau zu den beliebtesten Strecken Kreuzfahrtstrecken.. Meist von West nach Ost, gar nicht so selten auch hin und zurück gebucht, ist das Erlebnis „bergan” (es heißt tatsächlich so) fast noch interessanter, denn die Highlights liegen in diesem Fall in den letzten beiden Dritteln der Reise.
Wer das neue Europa kennen lernen möchte, ist auf der dreizehntätigen Reise vom Schwarzen Meer bis Passau genau richtig. Die Frischlinge der EU, Rumänien und Bulgarien, präsentieren ihren vielschichtigen Kulturraum mit Stolz, kämpfen aber vielfach noch mit postkommunistischen Nachwehen. Schon in Großstädten sind Plattenbauten kein Hingucker, fällt die Trostlosigkeit dieser Zweckunterkünfte am Land besonders hart auf. Von den Staaten nach der Wende den Bewohnern „großzügig” als Eigentum überlassen, fehlt es diesen einfach an den nötigen Geldmitteln, die heruntergekommenen Bauten zu sanieren. Umso mehr freut sich das Auge des verwöhnten Mitteleuropäers an den zahlreich vorhandenen architektonischen Schönheiten, teilweise liebevoll renoviert, nicht selten jedoch im Dornröschenschlaf liegend.
Mit dem Flug in die rumänische Hauptstadt beginnt unsere Donaufahrt offiziell, da ihr Flughafen dem Einschiffungshafen Fetesti am nächst liegt.. Leider ist eine Stadtrundfahrt mit Besichtigung des monströsen Volkspalastes (soferne nicht gerade ein Kongress darin stattfindet) obligatorisch. Schöner und erlebnisreicher wäre ein beschaulicher Stadtrundgang vorbei an zahlreichen, teilweise gut erhaltenen Jugendstil- und Bauhaus-Villen.
Die erste Nacht verbringen Viking-Gäste in dem mit prachtvollen Jugenstilräumen ausgestatteten Athenee Palace Hilton Bucharest Hotel, direkt neben dem Konzerthaus Atheneeum gelegen. Fußläufig erreichbar die Patriarchenkathedrale sowie viele kleine, oft bewusst durch Plattenbauten verdeckt liegende alte Kirchen. Unbedingt ansehen: Die Karawanserei Hanul al Manuc mit seinem sorgfältig rekonstruierten Innenhof. Da wir uns im Land selbst nur wenig aufhalten werden, vermittelt das 15 ha große und zentral in der Stadt gelegene Freilichtmuseum einen hervorragenden Eindruck über das ländliche Rumänien. Anhand von 47 im Museumsareal errichteten Bauernhöfen nebst dazugehörigen Hof- und Stallanlagen lernt von Wissenswertes über bäuerliches Leben, traditionelle Handwerke, Bräuche und religiöse Feste. Im gut sortierten Museumsshop darf man die kulinarischen und kunsthandwerklichen Produkte dann auch erwerben (Geld umtauschen, denn nicht immer werden Euro angenommen!). Ein mit Folkloreprogramm angereichertes Essen, und wenn man Glück hat mit Alexandra Maria Lara am Nachbartisch, kann man im Restaurant Pescarus im Herastrau-Park mit Blick auf den See genießen.
Nicht unbedingt besuchen muss man den megamonströsen Volkspalast, neben dem Pentagon das größte umbaute Gebäude der Welt, sowie den ebenfalls vom „Titan der Titanen” erbauten und der Champs -Elysee nachempfundenen Boulevard des Sieges mit seinen vierzehn (für die 14 rumänischen Regionen stehend) Springbrunnen. Hier wurde einfach nur geklotzt, ganze Stadtviertel dafür geschliffen!
Nach einer knappen Stunde Fahrt über oft verstopfte Ausfallstraßen erreicht man am späten Nachmittag das geduldig auf seine neuen Passagiere wartende Schiff. Die Koffer stehen längst in den Kabinen, Sitzpläne für das Restaurant, Ausflugsinformationen für den nächsten Tag und die vielen kleinen und großen Sonderwünsche werden professionell vom Hoteldirektor und seinen Damen gemanagt. Man bezieht wohl um- und versorgt seine Kabine, hat genügend Zeit, sich für die kommenden Tage häuslich einzurichten, ehe es Zeit für das Dinner ist. Noch während man verlegen mit den noch unbekannten Tischnachbarn sich beim Aperitif zuprostet, legt die Primadonna sanft vom kleinen Anleger ab, gleitet hinaus auf einen namenlosen Nebenarm des großen Flusses.
Das Donaudelta mit seiner einmaligen Tier- und Pflanzenvielfalt, größtenteils Naturschutzgebiet und daher in vielen Teilen menschenleer, stellt ein komplexes hydrographisches System mit zahlreichen Gewässerarten dar. Süß- und Salzwasser, Senk- und Küstenseen, Lagunen, Sümpfe, immer unterbrochen von kleineren und größeren Treibinseln zeigen vom immerwährenden Kampf zwischen Land und Meer. Allein um das Donaudelta zu erforschen, ja zu erfahren, würde man wohl Monate benötigen und hätte doch immer nur einen Teil davon gesehen.
Neben einem Ausflug nach Varna, welches außer einem höchst interessanten archäologischen Museum mit dem Goldschatz der Thraker und der Kathedrale , nicht viel Sehenswertes zu bieten hat (sieht man vom Schwarzen Meer einmal ab), werden, leider oft nur in mehrstündigen Busreisen erreichbar, weitere sehenswerte Ausflugsziele in Bulgarien angeboten. Sie alle sind ausführlich in den zahlreichen Donau-Reiseführern beschrieben.
Landschaftlich bietet die Strecke vom Delta bis zum Eisernen Tor direkt am Fluss-Ufer nur wenige Attraktionen, die Donau ist hier allein mit sich und der Natur, ab und an unterbrochen von, in aller Regel meist stillgelegten, und daher vor sich hinrostenden Industrieruinen. Da der Fluss hier mit niedrigem Gefälle träge dem Meer entgegen strömt, braucht das Schiff auch bei der Bergfahrt nicht all zu viel Kraft. Man kann auf dieser, fünf Tage dauernden Fahrt, die Gedanken schweifen und die Seele baumeln lassen.