Hinter dem Begriff Sirtfood-Diät verbirgt sich ein in den vergangenen Jahren intensiv erforschtes Anti-Aging-Konzept, welches sowohl den Ernährungs- als auch den pharmakologischen Bereich einbezieht und dessen Untersuchungen längst noch nicht abgeschlossen sind.
Der Ansatz bestätigt, dass sekundäre Pflanzenstoffe eine große präventive Bedeutung haben und möglicherweise dabei helfen können, altersbedingten Erkrankungen vorzubeugen. Berichte über Menschen, die bei guter Gesundheit ein außergewöhnlich hohes Alter erreichen gibt es immer wieder. Die Bewohner des Hunzatals in Pakistan, die angeblich teilweise 120 bis 140 Jahre alt werden und dabei auch noch schlank bleiben, ernähren sich überwiegend auf pflanzlicher Basis und mit Ziegenmilch. Allerdings legen sie auch täglich mehrere Kilometer Wegstrecke zu Fuß zurück. Ebenso sollen, wie man nachgewiesen hat, dabei die natürliche Balance zwischen Arbeit und Erholung, sowie regelmässige Fastenperioden eine nicht unbedeutende Rolle spielen.
Schon in den 1930er-Jahren fand man heraus, dass Ratten deutlich länger leben, wenn sie weniger zu fressen bekommen… In neuen Studien zeigte sich, dass verschiedene Organismen… von einer ausgewogenen Kalorienrestriktion zwischen 30 und 40 % profitierten. Dann leben Säugetiere nicht nur gesund länger und Krankheiten wie Krebs, Diabetes und neurodegenerative Erkrankungen treten seltener auf.
Auch bei auf Diät gesetzten Menschen zeigen eine Reihe von Studien günstige Veränderungen im Metabolismus. Man schrieb diese günstigen Effekte unter anderem einer Verlangsamung des Stoffwechsels zu: Denn Mangels energieliefernder Nährstoffe drosseln die Zellen die Energieproduktion, deshalb fallen auch weniger schädliche Nebenprodukte wie freie Radikale an.
Zwischenzeitlich gilt jedoch auch diese Ansicht als unvollständig. Genetiker und Altersforscher haben herausgefunden, dass Kalorienmangel Stress auf den betroffenen Organismus ausübt. Dieser setzt daher zu physiologischen Gegenmaßnahmen an, um die Überlebenschancen zu verbessern. Die verbleibenden Kräfte werden offenbar gezielt verwendet, um freie Radikale abzufangen und Schäden an der DNA zu reparieren. Bestimmte Enzyme, sogenannte Sirtuine, spielen dabei eine Rolle. Gibt es über längere Zeit keine Nahrung, treten sie in Aktion.
Im menschlichen Organismus wurden mittlerweile sieben Vertreter der Sirtuine identifiziert, die in der Forschung als „Sirt1“ bis „Sirt7“ (Sir oder Sirt = silent information regulation) bezeichnet werden. Sie befinden sich in allen Körperzellen und dort in verschiedenen Bereichen – im Zytoplasma, in den Mitochondrien und auch im Zellkern. Nahrungspausen, Hungerphasen oder ein niedriger Insulinspiegel, aber auch bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe aktivieren die Sirtuine. Und genau hier setzt die Sirtfood-Diät an!
Ruth Rösch von der BZfE schreibt dazu: “Durch gezielte Auswahl von Lebensmitteln, die Sirtuinaktivatoren enthalten, soll ein ähnlicher Effekt erreicht werden wie durch Kalorienrestriktion. Als „moderate Gifte“ lösen die Sirtuinaktivatoren im Organismus Stress aus, der die oben beschriebenen Überlebens-und Reparaturmechanismen in Gang setzt. Man spricht hier auch vom Hormesis-Prinzip: Etwas, das für unsere Gesundheit förderlich ist, ist zunächst ein Stressfaktor oder eine Belastung. Erst durch die Reaktion des Körpers darauf entsteht der gesundheitliche Nutzen (Kleine-Gunk 2018). In gewisser Weise profitiert der Mensch mit den Sirtuinen von Überlebensmechanismen, die Pflanzen im Lauf der Evolution entwickelt haben, um sich gegen Hitze, Kälte, Bakterien, UV-Strahlung oder Fressfeinde zu wehren”.
Als einer der bekanntesten und bedeutendsten Aktivatoren der Sirtuine gilt Resveratrol, ein starkes Antioxidans welches bereits als Inhaltsstoff des Rotweins Aufmerksamkeit erregte. “Mit ihm gelang es, das französische Paradox zu erklären: Franzosen haben trotz hohen Konsums von Weißbrot, Käse mit gesättigten Fettsäuren und Nikotin ein deutlich geringeres Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen als Menschen in anderen Industrienationen. Als verantwortlich dafür gilt der Genuss von Rotwein, der neben Resveratrol weitere gesundheitsfördernde Polyphenole enthält”.
Die Empfehlungen der Sirtfood-Diät lauten: Essen Sie möglichst viele pflanzlichen Lebensmittel mit den sekundären Pflanzenstoffen. Allerdings ist es ebenso wichtig, den Körper durch eine insgesamt ausgewogene Ernährung ausreichend mit allen Nährstoffen zu versorgen. Erst dann können Sirtuine ihre Potenziale voll entfalten. Verschiedene Sirtfood-Diät-Ratgeber empfehlen, zunächst mit Entgiftungstagen und etwa 800 Kilokalorien einzusteigen, um dann über einen bestimmten Zeitraum drei Mahlzeiten mit insgesamt etwa 1.800 Kilokalorien aufzunehmen.
Ein weiterer Vorteil der Sirtfood-Diät liegt in der (angenommenen) Tatsache, dass Sirtuine nicht nur den Muskelabbau verhindern, sondern unabhängig vom Training den Muskelaufbau fördern. Bei der Proteinsynthese der Muskeln spielt das Protein mTOR (mammalian Target of Rapamycin, „Zielmolekül des Rapamycins bei Säugetieren“) als Hauptregulator eine entscheidende Rolle. Es handelt sich um eine Art Sirtuin, das durch ausreichend Sauerstoff und vor allem die Aminosäure Leucin reguliert und aktiviert wird.
Als Fazit über die Sirtfood-Diät erklärt die Diplom-Oecotrophologin, Dozentin und Fachautorin Ruth Rösch: “Insgesamt soll die Sirtfood-Diät nicht nur ein Programm zum Abnehmen, sondern eine langfristige Ernährungsform mit vielen gesundheitlichen Effekten sein, die unser Leben verlängern. Eine Gewichtsabnahme alleine durch Sirtfood greift … vermutlich bei denjenigen am besten, die nur wenig Gewicht verlieren oder ihre Figur behalten wollen. Alle anderen müssten zusätzlich die Kalorien einschränken”.
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