Unter dem Begriff Mikrobiom versteht man die rund 39 Billionen Mikroorganismen, das sind Bakterien und Pilze, die uns besiedeln, ohne uns wirklich krank zu machen. Das Verstehen des Mikorbioms ist immer noch Teil intensiver Forschungsarbeit und “noch nicht umfassend verstanden”.
Auch zu den Trendthemen in Bezug auf Fasten und gesunde Ernährung gehört zweifelsohne das Mikrobiom, denn die Trends rund um die Art und Weise, wie wir essen sollten, um unser Mikrobiom zu optimieren, reißen nicht ab. Darauf haben sich die Lebensmittelhersteller bereits eingestellt, zum Beispiel mit probiotischem Joghurt, dessen Bakterien sich positiv auf den Darm auswirken sollen. Bei den Konsumenten scheint das Thema auf offene Ohren zu stoßen: mehr als jeder zweite Befragte der Darmtrend-Umfrage 2021 im Auftrag von Sanofi geht davon aus, mit Joghurt aus dem Supermarkt das Darmmikrobiom positiv beeinflussen zu können. Doch stimmt das auch?
Wir haben für unsere Leser u.a. bei einer Ernährungsexpertin, Frau Prof. Dr. Hannelore Daniel von der TU München nachgefragt:
Prof. Daniel: „Auch wenn ich es mir als Ernährungswissenschaftlerin anders wünschen würde, aber die Wahrheit ist: einflüsse der Ernährungsweise auf das Mikrobiom und seine Diversität sind nach heutigem Kenntnisstand erstaunlich gering. Wir können es durch Ernährung eben nur marginal beeinflussen. Vielmehr fungiert es so einzigartig wie ein Fingerabdruck.“
Konkret heißt das, die Ernährung spielt eine viel kleinere Rolle als gedacht – schon gar nicht einzelne Lebensmittel. Und das bedeutet: Probiotischer Joghurt aus dem Regal kann kaum einfluss auf das Darmmikrobiom nehmen.
Prof. Daniel: „Probiotische Produkte, ob Joghurt oder Kapsel, zeigen letztlich – wenn überhaupt – nur minimale Wirkungen auf die Vielfalt der Bakterien und deren biologische aktivität. Selbst in Studien mit etablierten Ballaststoffen, von denen man eigentlich weiß, dass diese sich auf die Stuhlkonsistenz auswirken und bei Verstopfung helfen sollen, haben in Bezug auf das Mikrobiom nur bescheidene ergebnisse gezeigt“.
Intervallfasten, bei dem etwa nur innerhalb einer bestimmten Stundenanzahl am Tag gegessen und die restlichen Stunden gefastet wird, hatte in den wenigen Studien am Menschen praktisch keine nachweisbaren Effekte auf das Mikrobiom. Gleiches scheint für die vegane Ernährung zu gelten: in einer bemerkenswerten Humanstudie mit dem Vergleich einer rein pflanzlichen gegen eine rein tierische Kost ergaben sich keine signifikanten Effekte bei der Diversität der Mikrobiota, obwohl bei den beiden Kostformen extreme unterschiede in der Zufuhr an Protein oder an Ballaststoffen bestehen. Hier sind viel mehr Studien notwendig, die prüfen, wie und wann sich eine ernährungsumstellung in einer nennenswerten Änderung des Darmmikrobioms widerspiegelt.
Das Mikrobiom zeigt sich von dem, was wir essen, unbeeindruckt. Doch stimmt das auch für unsere Verdauung? Eine umfrage zeigt: Knapp 80 Prozent der Befragten glauben, dass sich mit einer gesunden Ernährung eine Verstopfung vermeiden kann! Das ist weitestgehend richtig, denn mit einer ballaststoffreichen Ernährung kann man die Stuhlkonsistenz langfristig verbessern und einer Verstopfung vorbeugen. Für eine schnelle Erleichterung bei Verstopfung stoßen Ballaststoffe aber an ihre Grenzen. Hier kann der Griff zum Abführmittel (z. B. Dulcolax®) helfen. Aber auch bei einer ausgewogenen Ernährung kann es zu Verstopfung kommen.
Prof. Daniel hält fest: “Dieser Kenntnisstand macht auch Mut zu mehr Gelassenheit. Wir sollten essen, was uns schmeckt – und was wir gut vertragen.“
Fazit: Wenn wir der Devise “weniger Selbstoptimieren wollen, mehr in sich hinein und auf den Darm hören”, Folge leisten, können wir fast nichts falsch machen!