Fasten und Fastenzeiten: Medizinische Risiken, gesundheitliche Vorteile und religiöse Traditionen
Autor:in: SvL • Datum: 11.03.2025
Fasten und Fastenzeiten sind nicht nur im Christentum und Islam, sondern auch im Judentum, Hinduismus oder Buddhismus ein zentraler Bestandteil. Alles, was man über das Fasten und die Fastenrituale, ihre gesundheitlichen Vorteile und medizinischen Risiken wissen sollte, haben wir für Sie zusammengefasst
Fasten in den Weltreligionen
Christentum
Die bekannteste Fastenzeit ist die österliche Fastenzeit (Lent), die am Aschermittwoch beginnt und 40 Tage bis Ostern dauert. Orthodoxe Christen hingegen fasten mehrfach im Jahr, besonders intensiv aber auch vor Ostern.
Erlaubte/Nicht erlaubte Speisen sind der Verzicht auf Fleisch (aber nicht auf Fisch), Süßigkeiten, Alkohol und Genussmittel. Generell sollte ma an Fastentagen nur eine Mahlzeit zu sich nehmen.
Islam
- Die bekannteste Fastenzeit ist der Ramadan, in welchem Muslime von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang auf Essen UND Trinken verzichten sollen.
Als optionale Fastentage außerhalb des Ramadan gelten die Wochentage Montag und Donnerstag.
Erlaubte/Nicht erlaubte Speisen:
während des Fastens sind alle Speisen und Getränke, Rauchen und Geschlechtsverkehr verboten. Nach Sonnenuntergang beginnt das Fastenbrechen (Iftar), traditionell mit Datteln und Wasser.
Judentum
Als wichtigster Fastentag im Judentum gilt Jom Kippur. An diesem Tag darf man 24 Stunden keine Nahrung oder Getränke zu sich nehmen. Als Fastentage zählen auch Tischa beAv, und Ta’anit.
Erlaubte/Nicht erlaubte Speisen:
- Während des Fastens sind weder Nahrung oder Getränke erlaubt. Beachten sollte man auch, dass nach dem Fastenbrechen koschere Ernährung gereicht werden sollte.
Hinduismus
In dieser Religion gibt es keine einheitlichen Regeln für eine Fastenzeit. Das Fasten hängt von individuellen oder regionalen Traditionen ab und wird häufig an bestimmten Wochentagen oder Festtagen (z. B. Ekadashi) praktiziert.
Zu den Erlaubten/Nicht erlaubten Speisen zählen u. a. Fleisch und bestimmte Gewürze. Teilweise gibt es einen völligen Verzicht auf Nahrung oder nur Obst und Milch sind erlaubt.
Buddhismus
Vorgeschriebene Fastenzeiten gibt es nicht. Aber viele Mönche und Nonnen praktizieren das Fasten täglich, indem sie nur keine Mahlzeiten mehr nach Mittag zu sich nehmen. An bestimmten Tagen (Uposatha) verzichten Gläubige freiwillig auf Nahrung.
Erlaubte/Nicht erlaubte Speisen
bestehen meist aus vegetarischer oder veganer Ernährung. Wer besonders streng fasten möchte, verzichtet auf alle festen Speisen nach der Mittagszeit.
Gesundheitliche Auswirkungen
Positive Effekte
- Autophagie: Zellreinigung und Erneuerung durch den Abbau beschädigter Zellbestandteile.
- Stoffwechselverbesserung: Regulierung des Blutzuckerspiegels und Verbesserung der Insulinsensitivität.
- Gewichtsverlust: Fasten reduziert die Kalorienaufnahme und kann zu Fettabbau führen.
- Entzündungshemmung: Senkung von Entzündungsmarkern im Körper.
- Mentale Klarheit: Förderung der Konzentration und Stressabbau.
Mögliche Risiken
- Kreislaufprobleme, einhergehend mit Schwindel oder Schwächegefühl bei zu langem Fasten.
- Muskelabbau kann durch zu langes Fasten geschehen, da sich die Muskelmasse reduziert.
- Nährstoffmangel, kann u. a. bei einseitigem Fasten zu Defiziten an Vitaminen und Mineralstoffen führen.
- Essstörungen, wie beispielsweise zu restriktives Fasten kann problematische Essgewohnheiten fördern.
Aktuelle Studienlage
Bahá’í-Fasten: 19 Tage des Trockenfastens
Anhänger des Bahá’í-Glaubens fasten jährlich im März für 19 Tage. Während dieser Zeit verzichten sie, wie auch der Islam, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf Nahrung und Flüssigkeit.
Eine explorative Kohortenstudie an 91 gesunden Bahá’í-Gläubigen untersuchte die Auswirkungen dieses Trockenfastens auf physische und psychische Gesundheitsparameter.
Teilnehmer berichteten über eine signifikante Abnahme von Beschwerden und Schmerzen. Auch die Schlafqualität verbesserte sich während der Fastenperiode. Zudem zeigten sich gesteigerte Fähigkeiten zur Selbstregulation und eine Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens.
Bahá’í-Trockenfasten oder Time-Restricted Eating?
Neben dem beschriebenen Bahá’í-Fasten gewinnt auch das zeitlich begrenzte Essen, bei dem die Nahrungsaufnahme auf bestimmte Stunden des Tages beschränkt wird (z. B. 16:8-Methode), an Popularität. Auch hierzu gibt es eine Pilotstudie mit 16 gesunden Erwachsenen ohne Diabetes, welche die Auswirkungen des Bahá’í-Fastens und des 16:8-Intervallfastens auf den Blutzuckerspiegel untersuchte. Die Teilnehmer wurden dazu in drei Gruppen eingeteilt:
- Bahá’í-Fasten-Gruppe: Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.
- 16:8-Intervallfasten-Gruppe: Nahrungsaufnahme innerhalb eines 8-Stunden-Fensters, gefolgt von 16 Stunden Fasten.
- Kontrollgruppe: Keine zeitlichen Einschränkungen bei der Nahrungsaufnahme.
Die Ergebnisse zeigten keine negativen Auswirkungen auf den 24-Stunden-Blutzuckerspiegel oder die glykämische Variabilität in beiden Fastengruppen. Dies deutet darauf hin, dass sowohl das religiöse Trockenfasten als auch das zeitlich begrenzte Essen sicher in den Lebensstil von Menschen ohne Diabetes integriert werden können, ohne die Stoffwechselgesundheit zu beeinträchtigen.
Chronische Erkrankungen, bei denen Fasten problematisch sein kann
Diabetes mellitus (insbesondere
- Risiko für Unterzuckerung (Hypoglykämie) oder Überzuckerung (Hyperglykämie). Starke Blutzuckerschwankungen, wenn Insulin oder blutzuckersenkende Medikamente nicht angepasst werden.
- Ausnahmen bildenMenschen mit gut eingestelltem Typ-2-Diabetes. Sie können unter ärztlicher Aufsicht fasten, wenn Ernährung und Medikation entsprechend angepasst werden.
Schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. Herzinsuffizienz, instabile Angina pectoris, schwerer Bluthochdruck)
- Es besteht Gefahr von Blutdruckschwankungen, die zu Kreislaufproblemen oder Herzrhythmusstörungen führen können. Auch gibt es eiin Risiko für Dehydrierung, insbesondere bei heißem Wetter oder strengem Trockenfasten (z. B. Ramadan).
- Eine Ausnahme bildet mäßiges Fasten mit ausreichend Flüssigkeitszufuhr bei stabilen Herzpatienten.
Chronische Nierenerkrankungen (z. B. Niereninsuffizienz, Dialysepflichtigkeit, Nierensteine)
- Das Risiko für Nierenbelastung und Dehydrierung ist gegeben, da Flüssigkeitsmangel die Nierenfunktion weiter verschlechtern kann. Zudem besteht die Gefahr von Elektrolytstörungen (z. B. Kalium- oder Natriumungleichgewicht).
- Ausgenommen sind leichte Formen der Nierenerkrankung. Hier darf man mit ärztlicher Kontrolle fasten.
Magen-Darm-Erkrankungen (z. B. Magengeschwüre, Refluxkrankheit, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn)
- Fasten kann die Magensäureproduktion erhöhen, was Sodbrennen oder Geschwüre verschlimmern kann. Vor allem Menschen mit entzündlichen Darmerkrankungen können durch reduzierte Nahrungsaufnahme und Nährstoffmangel in einen Krankheitsschub geraten.
- Eine Ausnahme bilden Menschen mit Reizdarmsyndrom, die mitunter von intermittierendem Fasten profitieren können, aber das ist individuell unterschiedlich.
Essstörungen (z. B. Anorexia nervosa, Bulimie, Binge-Eating-Störung)
- Hier kann Fasten das Risiko für Rückfälle erhöhen, insbesondere bei Anorexie oder Bulimie. Zudem verstärkt Fasten oft eine ungesunde Beziehung zum Essen und kann zu Mangelernährung führen.
- Ausnahmen gibt es generell hier nicht, außer unter strenger psychologischer Betreuung.
Schwangerschaft und Stillzeit
- Es besteht ein erhöhter Nährstoffbedarf für Mutter und Kind. Zudem birgt Fasten das Risiko für Unterzuckerung, Kreislaufprobleme und Milchmangel bei stillenden Frauen.
Lebererkrankungen (z. B. Leberzirrhose, schwere Fettleber)
- Fasten kann bei Leberzirrhose zu einer Mangelernährung führen. Menschen mit fortgeschrittener Lebererkrankung benötigen eine regelmäßige Protein- und Kalorienzufuhr, um Muskelabbau zu verhindern.
Neurologische Erkrankungen (z. B. Epilepsie, Migräne, Multiple Sklerose)
- Bei diesen Erkrankungen kann Fasten Migräneanfälle oder epileptische Anfälle auslösen, besonders wenn Blutzuckerwerte stark schwanken. Vor allem Menschen mit Multiple Sklerose (MS) haben oft einen höheren Energiebedarf, sodass längeres Fasten problematisch sein kann.
Schlußfolgergung
Beim Fasten müssen neben den zahlreichen positiven Effekten auch stets individuelle gesundheitliche Aspekte berücksichtigt werden. Besonders Menschen mit Vorerkrankungen oder Schwangere sollten immer den ärztlichen Rat einholen, bevor sie mit dem Fasten beginnen.
Hinweis: Dieser Bericht dient nur zur allgemeinen Information und ersetzt keine medizinische Beratung.
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