Neue Möglichkeiten & Grenzen zeigt eine Studie der Universität Hohenheim über den Zusammenhang zwischen Darmmikrobiom und Blutcholesterin auf. Vorhersagen gibt es, Therapien (noch) nicht.
Die sogenannte ketogene Diät - eine Ernährung mit wenig Kohlenhydraten und viel Fett - kann bei bestimmten Personengruppen zu einem erhöhten Cholesterinspiegel im Blut führen. Diese stehen im Verdacht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu begünstigen. Möglicherweise lässt sich das Cholesterinrisiko durch eine Analyse des Darmmikrobioms schon im Vorfeld abschätzen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie unter Federführung der Universität Hohenheim. Eine Therapie erhöhter Cholesterinwerte im Blut durch gezielte Förderung bestimmter Bakterien im Darmmikrobiom scheint dagegen nicht möglich.
Unter den rund 500 verschiedenen Bakterienarten, die im Mikrobiom des menschlichen Darms vorkommen, gibt es auch Arten, die in der Lage sind, das in den tierischen Fetten der menschlichen Nahrung enthaltene Cholesterin abzubauen. Das Endprodukt dieser Umwandlung ist Coprostanol - eine chemische Verbindung, die vom menschlichen Körper nicht aufgenommen, sondern ausgeschieden wird.
„Aus Untersuchungen wissen wir, dass manche Menschen fast das gesamte Cholesterin im Darm in Koprostanol umwandeln, andere weniger“, erklärt Prof. Dr. W. Florian Fricke, Erstautor der aktuellen Studie von der Universität Hohenheim. Da diese Umwandlung ausschließlich auf den bakteriellen Stoffwechsel zurückzuführen ist, gelten Menschen mit einer sehr effizienten Bakteriengemeinschaft im Darm dementsprechend als „starke Cholesterin-Umsetzer“. Personen, deren Darmmikrobiom das Cholesterin nur in geringem Maße umsetzt, gelten als „schwache Cholesterin-Umsetzer“.
In einer klinischen Studie mit 173 Teilnehmer:innen gab es überraschende Befunde: Fast alle Menschen tragen jene Bakterien im Darm, die Cholesterin am effizientesten umwandeln. Allein der relative Anteil dieser Bakterienart im Mikrobiom entscheidet darüber, ob jemand zu den starken oder schwachen Umwandlern gehört.
Die Cholesterin-Werte wurden in Blutproben bestimmt. Das Darm-Mikrobiom und dessen Cholesterin-Umsatz bestimmten die Forschenden anhand von DNA-Analysen und Untersuchungen der Cholesterin-Abbauprodukte in Stuhl-Proben.
„Bislang gab es die Hoffnung, hohe Cholesterinwerte im Blut über das Mikrobiom, d.h. durch die Gabe geeigneter Bakterien zu therapieren. Die Idee war, dass diese möglichst viel Cholesterin in Koprostanol umwandeln und so dem Körper weniger Cholesterin zur Aufnahme ins Blut zur Verfügung stellen“, erläutert Prof. Dr. Fricke.
Die Ergebnisse ließen jedoch vermuten, dass die Aufnahme von Cholesterin vom Darm ins Blut unabhängig von der bakteriellen Cholesterin-Umwandlung abläuft. „Möglicherweise findet diese Aufnahme schon früher im Verdauungsprozess statt, so dass die Bakterien im Dickdarm sich nur noch von dem ernähren können, was übrig bleibt.“
Die ketogene Diät, eine Sonderform der Low-Carb-Ernährung mit einer fettreichen und besonders kohlenhydratarmen Lebensmittelzufuhr, führt zu einer Umstellung des gesamten menschlichen Energiestoffwechsels führt. „Bei dieser Diät ist bekannt, dass manche Menschen mit besonders erhöhten Werten von LDL-Cholesterin im Blut reagieren. Und das, obwohl es sich um normalgewichtige Menschen handelt, die im Vorfeld nicht durch Krankheiten aufgefallen sind“, so Prof. Dr. Fricke zum bisherigen Forschungsstand.
Im Rahmen der Studie fiel auf, dass ein statistisch signifikanter Anstieg der LDL-Werte im Blut nur in dem Personenkreis beobachtet wurde, bei dem es sich um starke Cholesterin-Umwandler handelte.
Über das Ursache-Wirkungs-Prinzip können die Forschenden bislang nur spekulieren: „Es könnte sein, dass die starke Cholesterin-Umwandlung die Folge von eher schlechten Ernährungsgewohnheiten mit eher minderwertigen Fetten darstellt, die bei der ketogenen Diät fortgesetzt werden”, so Prof. Dr. Fricke. Hier bestehe jedoch sicherlich noch Forschungsbedarf.
Wenn sich der Zusammenhang weiter bestätige, wäre dies jedoch ein sehr einfacher Marker für das Cholesterin-Risiko bei Keto-Diäten: „Eine Stuhlprobe könnte dann Aufschluss geben, wer als Hoch-Cholesterin-Umsetzer-Typ mit einem LDL-Anstieg zu rechnen hat und wer diese Diäten deshalb vermeiden sollte.”