Laut Statistik liegt der Zuckerkonsum in Deutschland bei täglich etwa 95 Gramm pro Kopf. Nach Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollten maximal zehn Prozent des Energiebedarfs durch Zucker gedeckt werden, was in etwa 50 Gramm pro Kopf und Tag entspricht.
Eine Simulationsstudie der Technischen Universität München (TUM) und der University of Liverpool beweist eindeutig, dass eine Softdrink-Steuer in Deutschland deutliche positive Auswirkungen zeigen würde. Untersucht wurde dabei welche Auswirkungen die Einführung einer sogenannten Zuckersteuer für Deutschland hätte. „Dabei haben uns kurz- und längerfristige Auswirkungen gleichermaßen interessiert. Wir haben deswegen simuliert, wie sich die gängigsten internationalen Besteuerungs-Ansätze im Zeitraum von 2023 bis 2043 auswirken würden“, sagt Michael Laxy. Dazu hatte man die in den verschiedenen Ländern bestehenden Vorgaben beachtet. Danach lassen sich die derzeit bestehenden Softdrink-Abgaben mehr oder weniger in zwei Gruppen aufteilen. So müssen in Großbritannien Unternehmen Abgaben leisten, die sich nach der Zuckermenge in den Softdrink-Rezepturen richten. In Mexiko hingegen wird die Steuer unabhängig vom Zuckergehalt der Softdrinks erhoben.
Wie die Ergebnisse aus internationalen Studien zeigen, führt die mexikanische Variante vor allem zu einer verringerten Nachfrage nach Softdrinks, während die UK-Abgabe mit einer Änderung der Rezeptur hin zu weniger Zucker in den Softdrinks einhergeht. Eines ist jedoch bei allen simulierten Varianten fraglos: Würde weniger Zucker konsumiert, wären viele Erkrankungen seltener. So ließen sich nicht nur die volkswirtschaftliche Kosten senken, sondern auch das Gesundheitssystem könnte man dadurch erheblich entlasten.
Es gibt keinerlei Zweifel darüber, dass gezuckerte Getränke die Risiken für verschiedene Erkrankungen, wie Übergewicht und Diabetes erhöhen. Um dies kontrollieren zu können, haben bereits einige Länder Steuern oder Abgaben auf Softdrinks eingeführt. In Deutschland gibt es seit 2018 allerdings nur eine Selbstverpflichtung der Getränkeindustrie, den Zuckergehalt in Softdrinks zu reduzieren. Wie eine Studie unter Mitwirkung der TUM Anfang 2023 gezeigt hat, bleiben die Auswirkungen dieser Selbstverpflichtung allerdings bislang deutlich hinter den Erwartungen zurück.
Laut Simulation würde ein 20-prozentiger Aufschlag auf Softdrink-Preise den Pro-Kopf-Konsum von Zucker täglich um ein Gramm senken. Bei Männern zwischen 30 und 49 Jahren betrüge die Senkung sogar 3 Gramm täglich. Gelänge es aber, die Reduktion des Zuckers in den Rezepturen zu senken, so ging der Zuckerverbrauch um 30 Prozent zurück. Dies zeigen zumindest die Angaben, wie sie in Großbritannien nach Einführung der gestaffelten Hersteller-Abgabe verzeichnet wurde. “Durch weniger Zucker in den Getränken würde der Pro-Kopf-Konsum in Deutschland um täglich 2,3 Gramm reduziert – beziehungsweise um 6,1 Gramm für Männer zwischen 30 und 49”.
Dieses Ergebnis bzw. diese Erkenntnis basiert auf einer Nutzung von Daten zur individuellen Ernährung, zu Erkrankungen wie Diabetes, zu gesundheitlichen Risikofaktoren und offizielle Bevölkerungsstatistiken.
Allerdings wurden Menschen unter 30 Jahren dabei nicht berücksichtigt, da die meisten der modellierten Erkrankungen vor allem in der zweiten Lebenshälfte auftreten. „Aus nationalen und internationalen Studien wissen wir aber, dass der Softdrink-Konsum im Teenageralter am höchsten ist“, sagt Erstautor Karl Emmert-Fees. „Dementsprechend wäre die durchschnittliche Reduktion des Zuckerkonsums noch drastischer und der positive gesundheitliche Effekt noch größer, wenn wir jüngere Menschen mitberücksichtigen würden.“
Doch in Bezug auf die gesundheitlichen Auswirkungen gäbe es bei beiden Besteuerungsmodellen deutlich weniger Fälle von Übergewicht, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Drastist sind dabei die Zahlen für Typ-2-Diabetes. So könnten durch eine Besteuerung innerhalb der nächsten 20 Jahre bis zu 244.100 Menschen später oder gar nicht an Typ-2-Diabetes erkranken. Neben den volkswirtschaftlich errechneten Einsparungen von rund 16 Milliarden Euro wäre allein diese Zahl Grund genug, eine Softdrink-Steuer endlich einzuführen.
Quelle: PM 11-23, TUM München