Betroffene wissen es, behandelnde Ärzte sichtlich häufig nicht: Rheuma wartet nicht und je länger die Erkrankung unerkannt fortschreitet, desto schlechter lässt sie sich therapieren, und desto höher ist das Risiko für bleibende Schäden am Bewegungsapparat oder an inneren Organen. Nur so ist erklärbar, warum bis zur korrekten Diagnose einer rheumatoiden Arthritis im Durchschnitt neun Monate vergehen – bei anderen, weniger bekannten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sogar noch deutlich länger.
Rund ein Viertel der deutschen Bevölkerung leidet an chronischen Schmerzen und/oder Einschränkungen des Bewegungsapparats, die prinzipiell auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung zurückzuführen sein könnten. Bei jedem zehnten von ihnen – etwa zwei bis drei Prozent der erwachsenen Deutschen – liegt tatsächlich eine entzündlich-rheumatische Erkrankung vor. Denn um die hohe Zahl Betroffener aus einer noch viel höheren Zahl von Menschen mit ähnlichen Beschwerden herauszufiltern, gibt es schlicht nicht genug ausgebildete Rheumatologen. Die Leidtragenden sind die Patienten – denn während früh erkanntes Rheuma in vielen Fällen therapeutisch so gut beherrscht werden kann, dass die Krankheitssymptome ganz verschwinden und ein beschwerdefreies Leben möglich ist, ist eine solche Remission bei länger bestehender Erkrankung nur noch schwer zu erreichen.
In den vergangenen Jahren sind daher an vielen deutschen rheumatologischen Praxen und Klinikambulanzen Früh- beziehungsweise Akutsprechstunden eingerichtet worden, die den Zugang zu einer antientzündlichen Ersttherapie erleichtern und beschleunigen sollen. Allerdings muss, um gleichzeitig die fachärztlichen Ressourcen zu schonen, dabei vielerorts eine Vorauswahl je nach Dringlichkeit ein zentrales Vorgehen – auch, um Patienten herauszufiltern, die gar keine rheumatologische Therapie benötigen. Die Patientenvorauswahl findet über Anamnesebögen, Laborbefunde und Voruntersuchungen statt, per Telefonscreening, internetbasierten Priorisierungstools oder Run-In-Kurzsprechstunden, letztere ganz ohne Voranmeldung. Die Vorauswahl wird dabei oft von Rheumatologischen FachassistentInnen (RFA) oder einem Online-Algorithmus unter ärztlicher Überwachung unterstützt. Auch die Vorbefundung und gezielte Überweisung durch Hausärzte ist ein wichtiger Baustein der Patientenvorauswahl. Die Effektivität dieser Auswahlmodelle wird wissenschaftlich evaluiert… Wie erste Erfahrungen zeigten, seien die Früh- und Screeningsprechstunden ein sehr effizientes Werkzeug, um Diagnose und Therapiebeginn zu beschleunigen und so letztlich die Krankheitskontrolle und Lebensqualität Betroffener nachhaltig zu verbessern.
„Als komplexe chronische Erkrankungen gehen alle Rheuma-Formen mit einem hohen Versorgungsaufwand einher, erfordern häufige Kontrollen und immer wieder auch Anpassungen der Therapie“, betont Dr. Kirsten Hoeper von der Klinik für Rheumatologie & Immunologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Unter ihrer Leitung lief ein bundesweites Projekt, das klären konnte, inwieweit ärztliche Aufgaben in der Verlaufskontrolle an Rheumatologische Fachassistenten delegiert werden können.
Die DGRh hat daher die Kampagne #rheuma2025 gestartet, mit der mehr junge Medizinerinnen und Mediziner für die Rheumatologie gewonnen werden sollen. Nur so könne die Versorgung von Millionen von Rheuma-Patienten auch in Zukunft noch sichergestellt werden.
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