Eine der gefährlichsten Vergiftungen ist die Cyanid- oder auch Blausäureintoxikation. Die Blausäure kommt in der Natur in zahlreichen Samen und reichlich vor allem in den Kernen von Aprikosen, Kirschen, Mandeln und vielen anderen vor. Die Einnahme von 60 und beim Kind sogar nur 5 bis 10 Bittermandeln oder Aprikosenkernen kann tödlich ausgehen.
Die häufigste Ursache für Cyanidvergiftungen bilden das Kaliumcyanid und andere Cyanide, die in Gegenwart von Säuren Cyan abspalten. Wenn genügend Säure vorhanden ist, so können rasch tödliche Mengen von Cyan frei werden.
In der Industrie werden heute Cyanide bei der Gold- und Silbergewinnung, in der Photographie und bei der Schädlingsbekämpfung in großen Mengen verwendet. Zahlreiche Todesfälle sind vor allem durch die Verwendung von Cyan für die Bekämpfung von Wanzen und anderen Ungeziefern eingetreten.
Cyanide entstehen auch bei der Verbrennung von Kunststoffen. Deshalb ist bei Haus- und Zimmerbränden immer an die zusätzliche Möglichkeit einer Blausäurevergiftung zu denken. Als tödliche Dosis für Kaliumcyanid wird 0,25 g angegeben.
Die Symptomatik einer Intoxikation richtet sich nach der aufgenommenen Menge. Kleinere inhalierte Mengen führen zunächst zu Reizerscheinungen der Augen, des Rachens und der oberen Luftwege. Dann kommt es rasch zu Kopfschmerzen, Schwindel, Ohrensausen, häufig auch zu Erbrechen und es entwickelt sich eine quälende Atemnot, die Brust erscheint wie eingeschnürt. In leichteren Fällen können sich nach einigen Stunden alle diese Erscheinungen wieder zurückbilden. In schweren Fällen kommt es zur Bewusstlosigkeit, der tachykarde Puls wird unregelmäßig und es tritt in diesem Stadium nach Krämpfen und einer maximalen Pupillenerweiterung meistens der Tod ein.
Erfolgt die Intoxikation durch orale Einnahme von Cyaniden, so treten die Vergiftungserscheinungen infolge der erst allmählichen Abspaltung des Cyanwasserstoffes je nach dem Säuregehalt des Magens mehr oder weniger langsam auf, so dass der Tod erst nach 15 bis 45 Minuten eintritt.
Die Diagnose der Vergiftung ist leicht und stützt sich vor allem auf zwei charakteristische Merkmale, nämlich den Geruch nach bitteren Mandeln und die rosige, später aber grau werdende Hautfarbe des Vergifteten, die mit der gleichzeitigen Atemnot deutlich kontrastiert. Einerseits lässt der intensive Geruch eine CO-Vergiftung ausschließen, andererseits gestattet die rosige Hautfarbe eine Intoxikation mit Bittermandelöl (Nitrobenzol) auszuschließen, die einen ähnlichen Geruch aufweist. Dort kommt es infolge der ausgeprägten Methämoglobinbildung zu einer intensiv blau-schwärzlichen Cyanose der Haut.
Die Therapie bei einer oralen Aufnahme besteht in der sofortigen Gabe von medizinischer Kohle in der Dosierung von 1 g/kgKG. Bei der inhalativen Aufnahme kann nur die Rettung aus dem Gefahrenbereich und die Verabreichung von Sauerstoff helfen. Blausäure ist ein Kontaktgift und kann auch durch die unverletzte Haut resorbiert werden. Deshalb ist unbedingt auf den Eigenschutz der Helfenden zu achten. Eine Intubation mit der anschließenden Beatmung ist unumgänglich. So schnell als möglich wird ein spezifisches Antidot intravenös appliziert. Durch die gleiche Nadel müssen anschließend mindestens 50 bis 100 mg/kgKG Natriumthiosulfat 10 Prozent verabreicht werden. Bei einem Herz-Kreislaufstillstand ist die Medikamentierung mit den Antidoten obligat, da sonst kein Hämoglobin für den Sauerstofftransport zur Verfügung stehen kann. Ohne die Antidotbehandlung sind Reanimationen wenig erfolgversprechend. Bei dieser Vergiftung hat der Patient ohne die rasche Einsetzung der Gegengifte keine großen Chancen, die Intoxikation zu überleben.
Blausalz
Bitterstoffe
Aprikose
Vergiftung
Kalium