Die Makula-Degeneration gehört heute zu den häufigsten Ursachen für Erblindung bei älteren Menschen. Sie verursacht, dass sich das Sehvermögen von der Mitte des Gesichtsfeldes aus langsam verschlechtert. Retinitis pigmentosa zählt hingegen zu den seltenen Krankheiten und wird durch eine genetische Erkrankung ausgelöst, die in das periphere Sehen verschlechtert. Beiden Krankheiten gemein ist die Tatsache, dass das Sehvermögen nicht wiederhergestellt werden kann, sobald es verloren ist.
Die bei beiden Sehstörungen auftretende Funktionsstörung der inneren Netzhaut lässt die retinalen Ganglienzellen, d.h. die Nervenzellen im Auge, hyperaktiv werden was widerum eine Art “sensorisches Rauschen” erzeugt, das noch funktionierende Fotorezeptoren daran hindert, effektiv mit dem Gehirn zu kommunizieren.
Umso mehr waren die Forscher der University of Rochester in USA über die Wirksamkeit eines Medikaments mit dem Wirkstoff Disulfiram baff erstaunt. Denn in dem bereits auf dem Markt befindlichen Arzneimittel, welches zur Unterstützung der Abstinenz bei Alkoholabhängigkeit eingesetzt wird, wurde bei Versuchen mit fast blinden Mäusen festgestellt, dass sich damit auch das Sehvermögen wiederherstellen lässt. Doch damit nicht genug, denn gleichzeitig haben die Forscher einen Mechanismus aufgedeckt, der das Sehvermögen bis hin zur Blindheit verschlechtert.
Forschungsleiter Michael Telias und sein Team haben auch herausgefunden, dass Disulfiram das hinderliche Rauschen auslöscht, zumindest aber schwächt, sodass das Sehvermögen wiederhergestellt wird. Nach der Behandlung konnten die Mäuse wieder sehen.
“Wir wussten, dass der Signalweg, den Disulfiram zur Behandlung von Alkoholismus blockiert, dem Weg, der bei degenerativer Blindheit hyperaktiviert wird, sehr ähnlich ist. Wir erwarteten eine gewisse Verbesserung, aber unsere Ergebnisse übertrafen unsere Erwartungen. Wir sahen, dass das Sehvermögen, das über einen langen Zeitraum verloren gegangen war, bei denen, die die Behandlung erhielten, zurückkehrte”, sagt Telias.
Nun ist eine klinische Studie mit Menschen in Vorbereitung. Sie müssten allerdings vollständig auf den Genuss von Alkohol verzichten, da das Medikament höchst unangenehme Nebenwirkungen hat, sobald Alkohol ins Spiel kommt.