Naturheilkunde, Misteltherapie, Krebsdiäten, Nahrungsergänzungsmittel, Zen-Meditation, TCM oder doch die Schulmedizin? Für komplementäre und alternative Methoden interessieren sich, aus unterschiedlichen Beweggründen, viele Krebspatient:innen. Allerdings, und das sollte man stets bedenken, die Wirksamkeit mancher Methoden ist häufig umstritten, seltenst wissenschaftlich belegt und manchmal sogar tödlich. Nicht nur die Erstmeinung, sondern möglicherweise hilfreich, sind Zweit- oder Drittmeinungen, um für sich in dieser Lage richtig zu entscheiden. Nicht zu umgehen ist das sehr offene Gespräch mit den betreuenden Ärzten.
Vor allem die Angst vor Nebenwirkungen, aber auch ein Rückfall unterstützt bei Krebspatient:innen den Wunsch selbst aktiv zu werden. Auch um die eigene Kontrolle zu behalten, kann ein möglicher Bewegungsgrund sein. Und wer würde das nicht verstehen? Trotzdem ist Vorsicht bei komplementären und alternativen Methoden, kurz KAM genannt. Denn oft ist deren Wirksamkeit umstritten und manchen Methoden muss dringend abgeraten werden. Der Krebsinformationsdienstes am Deutschen Krebsforschungszentrum empfiehlt ausdrücklich, das Thema KAM und die eigenen Motivation offen mit dem behandelnden Arzt/Ärztin zu besprechen.
Denn nirgendwo gehen die die Meinungen so weit auseinander wie bei der komplementären und alternativen Krebsmedizin. Gerade jene Betroffenen, die von vorneherein die Schulmedizin mit ihren teilweise negativen Nebenwirkungen, drastisch ablehnen, sollten bei KAM besonders kritisch hinterfragen! Auch, oder gerade weil man überzeugt davon ist, dass traditionelle, biologische oder alternative Heilverfahren besser helfen. Die Hoffnung auf eine sanfte, nebenwirkungsarme Medizin mit vielfach subjektiver Berichterstattung von besonders guten Erfahrungen, ist hier häufig der Auslöser, schulmedizinische Behandlung durch erfahrene Onkologen abzulehnen.
Komplementäre und alternative Methoden (KAM) sind nach einer Definition des US-amerikanischen Nationalen Gesundheitsinstituts alle jene, die nicht dem medizinischen Standard entsprechen und entweder an Stelle (alternativ) oder zusätzlich (komplementär) zur Standardbehandlung angewendet werden. Zu einzelnen Ansätzen, wie zum Beispiel dem begleitenden Einsatz der Misteltherapie, gibt es Studien, die auf einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität hinweisen. Für viele andere Methoden lässt sich eine Wirksamkeit jedoch bisher nicht belegen – und Risiken sind nicht auszuschließen. Bei einer schulmedizinischen Therapie müssen Nutzen und Wirksamkeit in aussagekräftigen klinischen Studien belegt werden und auch zu potenziellen Nebenwirkungen gibt es häufig gute Daten. Und gerade deswegen gilt die Schulmedizin hier immer noch als die aktuell beste und daher empfohlene Therapie bei Krebs!
Umfragen belegen, dass viele Krebspatient:innen ein Bedürfnis haben, mehr zum Thema komplementäre und alternative Methoden zu erfahren. Wenn der behandelnde Arzt sich weder Zeit noch Lust für persönliche Fragen rund um das Thema KAM und andere Fragen zu Krebs nehmen will, so kann man Ärztinnen und Ärzten seit 35 Jahren kostenlos und telefonisch täglich unter 0800-420 30 40 sowie per E-Mail unter krebsinformationsdienst@dkfz.de dazu befragen. Generell sollte man aber immer bedenken: Der Einsatz von alternativen Methoden ist problematisch, wenn deswegen auf eine empfohlene Standardtherapie verzichtet wird. Und auch wenn sie komplementär zur eigentlichen Behandlung angewendet werden, kann es beispielsweise aufgrund von Wechselwirkungen mit der Standardtherapie zu Wirkungsabschwächung oder verstärkten Nebenwirkungen kommen. „Daher ist es wichtig, im Arztgespräch offen über KAM zu sprechen. Machen Sie deutlich, warum Sie noch etwas Zusätzliches tun möchten oder nach einer Alternative zu Ihrer bisherigen Therapie suchen. Nennen Sie Beispiele für komplementäre und alternative Heilmethoden gegen Krebs, von denen Sie gehört haben, dann können die behandelnden Ärztinnen und Ärzte leichter recherchieren, was über Nutzen und Risiken bekannt ist“, so Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes.
Auch die Schulmedizin greift teilweise auf jahrhundertealte gute Erfahrungen mit pflanzlichen Arzneimitteln oder Methoden der klassischen Naturheilkunde zurück. Die meisten dieser Verfahren gelten heute vor allem deswegen als weitgehend sicher, weil über lange Zeit kaum Nebenwirkungen oder Zwischenfälle beobachtet werden konnten.
Doch, so der KID, der große Unterschied zu alternativ und komplementär eingesetzten Verfahren ist aber ein anderer: In den aktuellen Leitlinien zur Krebstherapie wird klar und deutlich offen gelegt, worauf Therapiestandards aufbauen: Die Evidenz, d. h. die Gewissheit über eine Methode wird benannt, auf fehlende Daten wird ganz offen hingewiesen, und wo eine Empfehlung nur auf Erfahrung aufbaut statt auf moderne Studien, wird dies auch gesagt. Und, mittlerweile werden immer mehr “altbekannte” Heilmethoden nachträglich durch Studien auf ihren Nutzen hin überprüft.
Wer sich für das umfangreiche Spektrum der komplementären und alternativen Methoden interessiert, sollte genau hinschauen, denn manche Angebote sind besonders problematisch. Wenn zum Beispiel ein Anbieter Hilfe bei allen Krebsarten und in jedem Krankheitsstadium verspricht, ist Misstrauen angebracht, denn ein solches Wundermittel gibt es bisher nicht. Auch bei allzu werblicher Aufmachung und gleichzeitigem Fehlen von wissenschaftlichen Veröffentlichungen, Studien oder Therapieplänen, ist Vorsicht geboten. Seriöse Anbieter stellen auf Wunsch Unterlagen zur Verfügung, damit der Behandlungsvorschlag von unabhängiger Seite geprüft werden kann.
Vorsicht ist vor allem immer dann geboten, wenn vor Behandlungsbeginn Vorkasse oder gar Bargeld verlangt wird. Denn bei Problemen gibt es das Geld meist nicht zurück.
Tipps um sich beim Thema KAM ein unabhängiges Bild zu verschaffen sind auf der Website unter https://www.krebsinformationsdienst.de/behandlung/unkonv-methoden/index.php zu finden.