Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) ist sich sicher, dass Menschen, die das Rauchen aufgeben möchten, mit E-Zigaretten keinen „sanften Ausstieg“ aus der Sucht erreichen. Das Dampfen könne zwar helfen zeitweise auf Tabakprodukte zu verzichten, führe aber auch in eine neue Abhängigkeit, deren Folgen Experten bis heute nicht genau abschätzen können.
Eine aktuelle Studie im New England Journal of Medicine (NEJM) an 886 Rauchern untersuchte, ob E-Zigaretten bei der Tabakentwöhnung besser helfen als Nikotinersatzprodukte wie beispielsweise Kaugummis oder Pflaster. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass die E-Zigarette der erfolgreichere Ansatz sei: Nach einem Jahr Dampfen waren doppelt so viele Studienteilnehmer abstinent wie mit Nikotinkaugummi und Co.
Professor Dr. med. Stefan Andreas, Leiter der Lungenfachklinik Immenhausen bei Göttingen, kommentiert dieses Fazit: „Wer E-Zigarette raucht, ist keineswegs abstinent – er ersetzt lediglich die eine Abhängigkeit durch eine andere.“ So zeigen die Ergebnisse, dass 80 Prozent der E-Zigaretten-Raucher, denen es gelungen war, auf Tabakzigaretten zu verzichten, nach einem Jahr immer noch regelmäßig E-Zigaretten inhalierten. Nur 9 Prozent derjenigen, die Pflaster und Co. verwendeten, nutzten diese Produkte ein Jahr später noch.
Welche Folgen der langfristige Konsum von E-Zigaretten hat, sei heute noch nicht absehbar, betont Andreas: „Da die E-Zigarette erst einige Jahre auf dem Markt ist, gibt es noch keine Langzeitstudien zu ihren gesundheitlichen Auswirkungen. Es hat ja auch über 50 Jahre gedauert, die Folgen des Tabakrauchens zu untersuchen.“ Tierversuche und einige Studien am Menschen zeigen aber, dass der Dampf das Gewebe in den Bronchien und Lungenbläschen krankhaft verändert.
Viele andere Studien zeigen, dass eine Raucher-Entwöhnung mit E-Zigaretten die Chancen, tatsächlich mit dem Rauchen aufzuhören, sogar verringern kann. Nach einer Metaanalyse von 38 Studien war die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Raucher-Entwöhnung mit E-Zigaretten um 28 Prozent niedriger als ohne E-Zigaretten. Viele Raucher, die auf die E-Zigarette umsteigen, kehren langfristig wieder zur Tabakzigarette zurück.
Die Studie im NEJM wurde von zwei Leitartikeln begleitet. In beiden wurden strenge Regelungen zum Verkauf und zur Vermarktung von E-Zigaretten gefordert. Deutsche Experten fordern zum Schutz von Jugendlichen schon lange ein Werbeverbot für Tabakprodukte, das auch E-Zigaretten mit einschließt. Auch die European Respiratory Society warnt in einem aktuellen Report davor, dass der Nutzen von E-Zigaretten für die Tabakentwöhnung nicht belegt sei und Gesundheitsschäden keineswegs ausgeschlossen werden können.
„Wir müssen realisieren, dass die Tabakkonzerne ihren Markt durch die E-Zigarette erweitert haben, um eine größere Zielgruppe an sich zu binden“, erklärt Andreas. „Schließlich hat die Industrie kein Interesse daran, ihren Absatz durch eine erfolgreiche Rauchentwöhnung zu verringern.“ Der Lungenarzt fordert professionelle Entwöhnungsprogramme für Raucher, die kostenfrei und flächendeckend verfügbar sind. Davon gäbe es in Deutschland nämlich viel zu wenige.