Als Richtwert für Normal- und Übergewicht dient der sogenannte Body-Mass-Index (BMI), der das Gewicht eines Menschen in Vergleich zu dessen Körpergröße setzt. Liegt der BMI über 25 kg/m2 ist von Übergewicht, ab einem BMI von 30 kg/m2 von krankhafter Fettleibigkeit bzw. Fettsucht (Adipositas) die Rede. Weitere Erkrankungen und Beschwerden können die Folge sein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt an, dass z.B. fast die Hälfte der Diabeteserkrankungen auf Adipositas zurückzuführen sind. Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) definiert Adipositas als chronische Krankheit. In der Praxis sieht das aber oft anders aus, weshalb die Folgeerkrankung, nicht aber die Ursache – die Adipositas selbst – behandelt wird. Denn, so Prof. Dr. Matthias Blüher, Leiter der Adipositas-Ambulanz für Erwachsene am Universitätsklinikum Leipzig und Präsident der DAG, “eine dauerhafte, vielseitige Behandlung sei nötig, um das Gewicht langfristig zu kontrollieren“.
Die Voraussetzungen für Gewichtsverlust sind von Natur aus ungünstig. Wenn wir essen, weil wir hungrig sind, werden wir satt. Zusätzlich schüttet der Körper noch Glückshormone aus – besonders bei fett- und zuckerreicher Nahrung. Insgesamt fühlen wir uns also zufriedener als vor dem Essen, unabhängig davon, ob wir überhaupt Hunger hatten. „Diese Vorgänge im zentralen Nervensystem führen dazu, dass wir dem Verlangen nach Essen immer wieder nachgeben, weil es uns satt und glücklich macht. Letztlich wird dann übermäßig gegessen“, betont Blüher. Hinzu kommen familiäre Veranlagungen sowie die Tatsache, dass der menschliche Körper von Natur aus darauf programmiert ist Fettreserven zu speichern, um auf Notzeiten vorbereitet zu sein.
Im Falle einer Adipositas, die auch als Fettsucht oder Essstörung bezeichnet wird, kommen oft psychische Aspekte hinzu, die zu einem dauerhaften Fehlverhalten im Umgang mit Essen führen.
„Zunächst ist es wichtig, die Notwendigkeit einer gezielten Adipositasbehandlung herauszustellen. Denn die Natur spielt gegen eine schnelle und dauerhafte Gewichtsabnahme, obwohl gesundes Gewicht die beste Grundlage für einen allgemein gesunden Körper ist“, betont Blüher. Die DAG empfiehlt als ersten Schritt sogenannte Basismaßnahmen:
Ernährungsumstellung: Mit Hilfe von Ernährungsberatern können individuelle Ernährungspläne erstellt werden, um die tägliche Kalorienzufuhr über die Nahrung zu reduzieren
Bewegungsprogramme: Vermehrte Bewegung ist der Schlüssel für eine positive Energiebilanz, denn ein Körper, der Kalorien verbrennt, muss schneller an die Fettreserven
Verhaltenstherapie: Um das Fehlverhalten, das zu übermäßigem Essen führt Schritt für Schritt durch neu erlerntes Verhalten zu ersetzen, ist eine therapeutische Begleitung sinnvoll.
Trotz aller Bemühungen und großer Motivation fällt das Durchhalten dieser Basismaßnahmen mit der Zeit schwer. Nachdem die ersten Kilos rasch verloren gehen, schaltet der Körper in seinen Sicherheitsmodus und das Gewicht stagniert. „An diesem Punkt neigen Betroffene oft dazu aufzugeben und in alte Gewohnheiten zu verfallen, weshalb eine zusätzliche medikamentöse Behandlung empfehlenswert ist“, so Blücher.
Sofern eine Basisbehandlung nach mehreren Monaten zu keinem weiteren Gewichtsverlust mehr führt oder kaum Gewicht verloren wurde, können laut DAG zusätzlich Medikamente eingenommen werden. Diese Maßnahme soll Betroffene dabei unterstützen, die wichtigen Punkte der Basistherapie weiter einzuhalten. In Absprache mit dem Hausarzt oder einem Facharzt können sich Patienten für eine zusätzliche Behandlung entscheiden.
Die Art der Anwendung oder Einnahme der Medikamente kann sehr unterschiedlich ausfallen. Es gibt u.a. fettbindende Mittel, die die Kalorienzufuhr verringern oder auch appetithemmende Medikamente, die bewirken, dass das Hungergefühl vermindert wird. „Wichtig ist bei einer zusätzlichen Therapie, dass ein Kombipräparat verschrieben wird, dass nicht nur das Hungergefühl, sondern auch das Glücksgefühl beeinflusst,“ erläutert Blüher. Diese beiden Komponenten seien bei der Wahl der Therapie wichtig, um auch das Verlangen nach Essen einzudämmen, so Blüher abschließend.
Durch Gewichtsverlust und dauerhafte Gewichtskontrolle können übergewichtige und adipöse Menschen für eine langfristig verbesserte Gesundheit sorgen. Eine gezielte medikamentöse Unterstützung zur Umsetzung der Basistherapie kann – nach oftmals mehreren missglückten Versuchen – das dauerhafte Einhalten der Maßnahmen erleichtern und einen wichtigen Schritt in ein leichteres Leben zu gehen.