Kognitive Beeinträchtigungen, der aus dem lateinischen stammende Begriff, steht für jene Funktionen des Gehirns, welche mit Wahrnehmung, Denken und Wissen, aber auch mit Lernen und Erinnern in Zusammenhang stehen. Aber auch unsere Vorstellungskraft, unsere Kreativität und letztlich unser Wille fallen darunter. An der University of South Australia hat man nun herausgefunden, dass gerade diese, oft nur leichten, Beeinträchtigungen, bei medizinischen Diagnosen zu Fehlurteilen führen können. Grund dafür ist, dass die Ergebnisse kognitiver Tests vielfach auf sehkraftabhängigen Aufgaben basieren.
Bei den über 50-Jährigen, die an nicht erkannten Sehprobleme wie Grauer Star oder altersbedingte Makuladegeneration (AMD) leiden, sind rund ein Viertel von dieser Problematik betroffen. Denn obwohl die altersbedingte Makuladegeneration teilweise zum Verlust des Sehvermögens bei älteren Menschen führen kann, ist deren Wahrnehmungsvermögen davon nicht betroffen.
Die australischen Forscher wählten für ihre Studie 24 Teilnehmer mit normalem Sehvermögen aus. Sie mussten zwei kognitive Tests absolvieren - einen mit sehkraftabhängigen reaktiven Aufgaben und den anderen, der auf verbaler Gewandtheit basierte.
Mit einer Brille, die AMD simulierte, schnitten die Teilnehmer bei dem kognitiven Test mit Reaktionszeitaufgaben deutlich schlechter ab als ohne Brille. Bei den Tests zum Redefluss gab es keinen statistischen Unterschied, wenn sie die Brille trugen.
Die Studienleiterin Anne Macnamara erklärte dazu: “Die Ergebnisse seien ein deutlicher Hinweis darauf, dass Sehbehinderungen - von denen weltweit etwa 200 Millionen Menschen über 50 Jahre betroffen sind - die kognitiven Ergebnisse bei Tests, die visuelle Fähigkeiten betreffen, ungerechtfertigt beeinflussen.”
Und diese falschen Ergebnisse können äußerst negative Folgen haben und vor allem zu unnötigen Veränderungen in den Lebens-, Arbeits-, Finanz- oder Sozialverhältnissen einer betroffenen Person führen. So kann ein falsches Ergebnis zur Diagnose einer leichten kognitiven Beeinträchtigung beitragen und dadurch psychologische Probleme wie Depressionen und Angstzustände auslösen.
“Da vor allem Menschen mit AMD ob ihres Sehverlusts bereits mit zahlreichen Problemen zu kämpfen haben, ist eine ungenaue kognitive Bewertung eine zusätzliche Belastung, die sie nicht brauchen.”
Die australischen Forscher gehen davon aus, dass künftig bei neurodegenerativen Erkrankungen, bei der Bewertung der kognitiven Fähigkeiten der Menschen auch das Sehvermögen berücksichtigt werden muss.
Helfen können dabei künftig Mobile Apps, die verwendet werden, um simulierte visuelle Beeinträchtigungen auf das Testmaterial zu legen, wenn die Stimuli getestet werden”, sagt Macnamara. Auch schnelle und einfache Screening-Aufgaben, bevor Menschen kognitive Tests durchführen, könnten eingebaut werden. Und zudem bedarf bei den Tests auch verbaler Aufgaben, die dann Teil der Bewertung sind.