160 Jungen werden jährlich bei uns mit dieser Erbkrankheit geboren; in Deutschland sind insgesamt rund 4.000 Männer an einer schweren Hämophilie A oder B erkrankt. Bei Menschen mit der Bluterkrankheit Hämophilie können selbst kleinste Verletzungen zu schweren Blutungen führen. Denn die Blutgerinnungsfaktoren 8 oder 9 veranlassen die übrigen Blutgerinnungsfaktoren, undichte Stellen in den Blutgefäßen zu verschließen.
Wenn Verletzungen die Gelenke betreffen, kann sich frühzeitig eine Arthrose entwickeln. Doch durch den Einsatz neuer Medikamente, die seltener gespritz werden müssen und keine Abwehrreaktionen auslösen, können die Patienten heute eine normale Lebenserwartung bei sehr hoher Lebensqualität erreichen. Wie man sich selber spritzt lernen alle von der Erbkrankheit betroffenen Kinder in Deutschland unter professioneller Anleitung in sogenannten Hämophilie-Zentren. Durch die vorbeugende Behandlung kommt es seltener zu Blutungen und die Einblutungen, welche die Gelenke zerstören, wird verhindert.
Da der Körper der betroffenen Kinder natürlicherweise kein oder nur sehr wenig Faktor 8 oder Faktor 9 bildet, betrachtet das Immunsystem den gespritzten Gerinnungsfaktor als fremd: Es bildet nicht selten Antikörper, die das gerade gespritzte Medikament wieder abbauen. Dies geschieht bei 20 bis 30 Prozent aller Kinder mit Hämophilie A, deutlich seltener bei Hämophilie B. In der Vergangenheit benötigten diese Kinder sehr hohe Faktor 8-Dosierungen… Seit Anfang letzten Jahres ist ein völlig neuartiges Medikament zugelassen, das die Wirkung des Faktor 8 nachahmt, ohne dass die Hemmkörper dies verhindern: Der Antikörper Emicizumab verbindet zwei körpereigene Gerinnungsfaktoren und schließt dadurch die Lücke, die der Faktor 8-Mangel verursacht.
Anfang dieses Jahres wurde ein weiteres neues Medikament zugelassen: Damoctocog alfa pegol ist ein gentechnisch veränderter Faktor 8, dessen Abbau im Körper verzögert erfolgt. Dadurch werden stabilere Blutkonzentrationen erreicht und die Betroffenen können die Zahl der Injektion von normalerweise zwei bis drei auf bis zu eine pro Woche reduzieren. Unter einer effektiven Prophylaxe seien Blutungen deutlich seltener geworden als früher und die an Hämophilie leidende Patienten können aktiver und blutungsfrei am Leben teilhaben.
Hämophilie ist bei jedem anders und erfordert daher auch eine individuelle Behandlung. Mit aus diesem Grund wurde die interactive App für Smartphones entwickelt, denn sie unterstützt, dank kinderleichter Bedienung, die individuelle Prophylaxe bei Hämophilie A. So kann sie u.a. die individuelle Abbaugeschwindigkeit des Gerinnungsfaktors auf Basis von nur 2 Blutproben einschätzen und ist seit kurzem nun auch für Faktor-VIII-Präparate mit verlängerter Halbwertszeit zertifiziert.
Weitere Informationen zum Thema Hämophilie findet man u.a. bei Sobi-Deutschland oder bei myhaemophilie.org
Hämophilie
Bluterkrankheit