Mitunter glaubt man nicht, was man so liest bzw. auf welche Ideen Mitmenschen kommen können oder sich irre führen lassen. So birgt eine orale, unsachgemäße Anwendung einer jodhaltigen Mixtur, die auch unter dem Begriff Lugol’sche Lösung erhältlich ist, gefährliche gesundheitliche Risiken für die Anwender. Die hauptsächlich aus Kaliumiodid (KI) und elementarem Jod (I2) in Wasser bestehnde Lugol’sche Lösung wurde vom französischen Arzt Jean Lugol im 19. Jahrhundert entwickelt. Sie wird häufig in der Medizin verwendet, insbesondere in der Gastroenterologie und der Schilddrüsendiagnostik. Auch in der Pathologie kennt man sie zur Untersuchung von Gewebeproben. Doch … „schon ein Tropfen der Lugol’schen Lösung enthält ein Vielfaches der Zufuhrempfehlung für Erwachsene von 200 Mikrogramm Jod am Tag. Ganze 50 Milligramm Jod, also 50.000 Mikrogramm, stecken in einem Milliliter der Lösung. Für die orale Anwendung ist sie zudem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gar nicht zugelassen“.
Vor allem zur Untersuchung der Schilddrüse, insbesondere bei Verdacht auf Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) oder bei der Vorbereitung auf Schilddrüsenoperationen, findet die Lösung mit dem komplizierten Namen Verwendung. Auch wird sie zur Behandlung von bestimmten Schilddrüsenerkrankungen eingesetzt, wie zum Beispiel bei der Vorbereitung auf die Entfernung Knoten aufgrund von Schilddrüsenüberfunktionen oder bei der Behandlung von Schilddrüsenkrebs.
Weit weniger bekannt, aber durchaus auch einsetzbar ist sie zur Desinfektion von Wunden oder zur Behandlung von Halsentzündungen.
Gut zu wissen: All diese Einsätze fordern medizinisches Fachwissen und vor allem sollte man wissen, dass die Lugol’sche Lösung in höheren Konzentrationen toxisch sein kann und daher vorsichtig angewendet werden muss, insbesondere bei der oralen Einnahme. Die Lugol’sche Lösung ist weder als Nahrungsergänzungmittel noch als Medikament zugelassen!
Sogenannte Jodsättigungstests nach Brownstein und Abraham oder individuelle Jodsupplementation verweisen immer wieder auf diese Lösung als altbekanntes Heilmittel und verleiten Menschen dazu, eigenständig die Lugol’sche Lösung oral anzuwenden. Doch die Lösung ist weder gesund, noch ein geeignetes Medikament zur Behandlung von unterschiedlichsten Erkrankungen. Auch dann nicht, wenn sie in einschlägigen Foren als altbekanntes Heilmittel und gesunde Form der Nahrungsergänzung beworben wird. Professor Dr. Roland Gärtner, Endokrinologe an der Universität München und Vorsitzender des Arbeitskreises Jodmangel e.V. (AKJ) erklärt dazu: „Der extrem hohe Jodgehalt kann zu massiven Funktionsstörungen der Schilddrüse führen. Anfänglich kommt es immer zu einer kompletten Blockierung der Schilddrüsenfunktion mit einer temporären mitunter schweren Hypothyreose. Zudem kann bei Patienten mit bestehenden Schilddrüsenerkrankungen, wie autonomen Adenomen oder einer Autoimmunthyreoiditis, anschließend eine manifeste Hyperthyreose, also eine Überfunktion, auftreten. Diese ist dann nur schwer zu behandeln, da die verfügbaren Medikamente kompetitiv zum Jodgehalt der Schilddrüse wirken.“
Dem französischen Arzt Jean Guillaume Lugol gelang es im 19. Jahrhundert schwer lösliches elementares Jod mithilfe von Kaliumjodid in destilliertem Wasser zu lösen. Die Lösung besteht neben dem demineralisierten Wasser aus fünf Prozent elementarem Jod und zehn Prozent Kaliumjodid. Hersteller der Lugol’schen Lösung warnen auf entsprechenden Sicherheitsdatenblättern vor den gesundheitlichen Gefahren bei einer oralen Aufnahme, vor allem bei wiederholter und langfristiger Exposition. Früher kam die Lugol’sche Lösung wegen des sehr reaktiven elementaren Jods als Desinfektionsmittel zum Einsatz. Heutzutage wird sie dafür nur noch sehr selten verwendet und überwiegend im Labor zur Gram‑Färbung von Bakterien sowie zum Stärkenachweis genutzt.
Auch dem immer wieder erwähnten Jodsättigungstest nach Brownstein und Abraham fehlen wissenschaftlich validierte Aussagen und er ist daher in keinster Weise aussagekräftig, sondern bei falscher Anwendung oder Vorgehensweise sogar gefährlich!
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