Die von der Schilddrüse produzierten Hormone – man unterscheidet das Thyroxin (T4) und das Trijodthyronin (T3) werden über die Blutbahn zu allen Körperorganen transportiert beeinflussen den Stoffwechsel. Bei einem Mangel an diesen Hormonen liegt eine Schilddrüsenunterfunktion vor. Die Folge: Die Stoffwechselprozesse werden gebremst, „der Organismus fährt auf Sparflamme“. Umgekehrt verhält es sich bei der Überfunktion der Schilddrüse: der Organismus läuft auf Hochtouren.
Die Symptome beim Patienten mit einer Schilddrüsenunterfunktion reichen von langsamem Puls, hohem Blutdruck, einer über das Altersmaß hinausgehenden Gefäßverkalkung und hohem Cholesterin über ständiges Frieren, Verstopfung, kalte, blasse und trockene Haut, sprödem Haar und Haarausfall bis zu allgemeiner Verlangsamung, Müdigkeit, Lethargie und leichter Erschöpfbarkeit, schilderte Prof. Rainer Hehrmann, Stuttgart, auf einem Fachpressegespräch des Unternehmens sanofi-aventis in Heidelberg.
Der Patient hat wenig Appetit und isst nur wenig, aber nimmt trotzdem zu. An dieser Schilddrüsenunterfunktion erkranken übrigens deutlich mehr Frauen als Männer (im Verhältnis 6:1), meist im höheren Lebensalter. Das führt dazu, dass viele Anzeichen der Schilddrüsenunterfunktion oft mit Alterserscheinungen verwechselt werden. Häufigste Ursache der Erkrankung ist eine chronische Schilddrüsenentzündung, die sog. Hashimoto-Entzündung. Möglich ist aber auch die Operation eines Kropfes, eine Radiojodbehandlung (= Strahlentherapie mit Jod) einer Schilddrüsenüberfunktion oder die langfristige Behandlung mit Medikamenten, welche die Schilddrüse bremsen.
Die Diagnostik ist nach Hehrmann einfach: Man bestimmt das Schilddrüsen-regulierende Hormon TSH, das bei Patienten mit Unterfunktion erhöht ist, während das Schilddrüsenhormon T in aller Regel erniedrigt ist. Die Ultraschalluntersuchung klärt „auf einen Blick“ ab, ob die bei der Hashimoto-Entzündung typische Veränderung des Gewebsmusters vorliegt. Zur Unterscheidung der verschiedenen Formen der Schilddrüsenentzündung erfolgt eine Antikörperbestimmung. Eine Szintigraphie (= bildgebende Verfahren unter Verwendung radioaktiver Substanzen) kann im Einzelfall auch notwendig sein.
Die Therapie der Schilddrüsenunterfunktion ist einfach, kausal, effektiv und preiswert. „Wir ersetzen schlicht das, was dem Patienten fehlt“, so Hehrmann. Synthetisch (= künstlich) hergestellte Schilddrüsenhormone werden in Tablettenform zugeführt (beispielsweise L-Thyroxin + Jodid = Thyronajod), wobei man bei älteren Patienten (im Gegensatz zu den jungen) mit der Dosierung sehr langsam beginnt, um sie nicht zu gefährden; das TSH ist daher vielleicht erst nach einem halben Jahr normalisiert. Die Behandlungskosten liegen bei 30 bis 50 Euro im Jahr – und entsprechen damit etwa dem, was ein Raucher innerhalb von 14 Tagen für seinen Zigarettenkonsum ausgibt, bemerkte Hehrmann.
Laut dem Nuklearmediziner Prof. Frank Grünwald, Frankfurt/Main, haben etwa 15 Millionen Menschen in Deutschland Knoten in der Schilddrüse, die meisten, ohne es zu wissen. Darüber dürfe man aber nicht resignieren. Denn gerade im Anfangsstadium verspricht die Behandlung den größten Erfolg. Jeder Knoten muss – wegen der Möglichkeit eines Tumors – ernst genommen werden und bedarf einer Abklärung durch Ultraschall, Szintigraphie und Labor. Ob eine Operation oder eine Radiojodtherapie – deren Ergebnisse außerordentlich gut sind – in Frage kommt, entscheidet sich im Einzelfall.
Nicht jeder, der einen Knoten hat, muss gleich operiert werden: Über die Notwendigkeit bespreche er sich genau mit dem Internisten und dem Nuklearmediziner, betonte der Chirurg Prof. Peter E. Goretzki, Neuss. Wenn eine Indikation zur Operation besteht, sollte man die Knotenveränderungen sicher und vollständig entfernen. Pro Jahr werden 90.000 Schilddrüsenoperationen in Deutschland durchgeführt. Für den Patienten wichtig: Der chirurgische Schnitt ist heute selbst bei Entfernung stark vergrößerter Schilddrüsen nicht über vier Zentimeter groß.
Ältere Menschen sind häufiger von Schilddrüsenknoten betroffen, weil früher die Jodversorgung schlechter war; etwa 30 bis 40% der über 60-jährigen müssen mit derartigen Veränderungen rechnen. Von großer Bedeutung ist die Erhebung der Krankengeschichte, auch, ob es eine familiäre Veranlagung für Schilddrüsenknoten gibt. Hausärzte sollten „den Patienten an den Hals fassen“, bevor sie einen Laborwert veranlassen (der anders als bei der Über- oder Unterfunktion völlig normal ausfällt): Bereits durch Abtasten der Schilddrüse können Knoten rechtzeitig erkannt werden. Noch sicherer: die Ultraschalluntersuchung. Bei gutartigen Knoten kann eine konservative Therapie Erfolg versprechend sein.