Ein Viertel aller Deutschen muss sich mit Knoten in der Schilddrüse in Behandlung begeben. Auslöser für diese Vergrößerungen ist - noch immer! - Jodmangel. War dieser in den Nachkriegsjahren noch “normal”, so sollte er heute längst der Vergangenheit angehören. Dem ist aber leider nicht so. Laut der World Health Organization (WHO) ist Deutschland zwischenzeitlich wieder ein Jodmangelgebiet. Und das im 21. Jahrhundert! Dabei könnte allein die entsprechende Ernährung durch Seefisch und Meeresfrüchte für die notwendige Versorgung mit dem lebenswichtigen Spurenelement sorgen. Aber noch immer werden diese bei uns nicht in entsprechendem Außmaß konsumiert. Die weit verbreitete Meinung, jodiertes Speisesalz würde dafür genügen, ist leider falsch!
Schilddrüsenknoten können aber auch, wenn allerdings äußerst selten, durch Entzündungen der Schilddrüse oder erbliche Faktoren ausgelöst werden. Mitunter sind die Knoten mikroskopisch klein und daher nur im Ultraschall zu sehen. Werden sie allerdings größer, so können sie durchaus auch zu Beschwerden wie Schluckstörungen und Atemnot führen.
Da wir, s. o. noch oder schon wieder ein Jodmangelgebiet sind, sind Schilddrüsenknoten heute wieder weit verbreitet. Die allermeisten dieser Knoten sind gutartig und werden auch als “heiße Knoten” bezeichnet. Aber: Gerade bei älteren Menschen können diese heißen Knoten zu Vorhofflimmern führen oder eine Osteoporose auslösen - bei durchaus unauffälligen Laborwerten. Die erste Abklärung wird hier durch den Hausarzt erfolgen. Denn der weitaus größte Anteil unverdächtiger Knoten wird sich auch im längerfristigen Verlauf nicht in ihrer Größe verändern.
Schon seit Jahren stellen Ärzte fest, dass vor allem bei jüngeren Frauen kalte Knoten diagnostiziert werden. Diese sind, im Gegensatz zu den heißen Knoten, leider selten harmlos. Mit ihnen steigt Risiko für eine Entartung, wenngleich auch hier das Risiko für bösartige Veränderungen gering ist.
Der Leipziger Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie, Privatdozent Dr. med. habil. Stefan Karger erklärt dazu:„Schilddrüsenkrebs ist zwar insgesamt selten. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Knoten bösartig ist, liegt bei 1,1 Prozent, wie eine aktuell publizierte Studie zeigt. Allerdings steigen Studien zufolge die Fälle von Schilddrüsenkrebs in den Industrieländern deutlich an, vor allem auch bei jüngeren Frauen.
Als Therapie bei “heißen Knoten” wird, bei schonender Behandlung, radioaktives Jod eingesetzt. Kann ein Verdacht auf bösartiges Ausarten nicht völlig ausgeräumt werden, so wird man eine Schilddrüsenoperation und eine feingewebliche Untersuchung des entfernten Gewebes folgen lassen. Kann, aufgrund eines hohen Narkoserisikos, weder Radiojodtherapie noch Operation erfolgen, kommen auch alternative Verfahren wie die Thermoablation in Frage.
Aber auch die als harmlos geltenden “heißen“, immer gutartigen und meist schmerzlosen Schilddrüsenknoten können, bei 20 % der Fälle, Probleme machen. „Ein Drittel davon löst eine latente oder sogar manifeste Schilddrüsenüberfunktion aus“, berichtet Dr. Karger. So fördert die Überfunktion das Auftreten von Herzrhythmusstörungen – vor allem von Vorhofflimmern – und erhöht das Risiko für Schlaganfälle sowie für Herztod und Herzinsuffizienz, wie neue Daten belegen. Die Überfunktion begünstigt zudem Osteoporose: In der Folge steigt das Risiko für Schenkelhalsfrakturen um 36, das Risiko für Wirbelkörperbrüche sogar um 51 Prozent.
„Daraus ergibt sich für Ärztinnen und Ärzte im Behandlungsalltag die große Herausforderung, aus der Vielzahl zufällig entdeckter Knoten die behandlungsbedürftigen herauszufiltern“, betont Dr. med. Gesche Wieser vom Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner. Hier gilt: Bei Schilddrüsenknoten, die größer als ein Zentimeter sind, ist nach Ultraschall- und Laboruntersuchung eine Szintigraphie erforderlich. „Nur mit der Schilddrüsenszintigraphie lassen sich heiße Knoten sicher identifizieren – und dies sogar zu einem sehr frühen Zeitpunkt, noch bevor sich Veränderungen bei den Laborwerten abzeichnen“, erläutert die Freiburger Fachärztin für Nuklearmedizin.
„In frühen Stadien ist die Erkrankung gut behandelbar und kann in den meisten Fällen geheilt werden“, sagt Wieser. Das ist vor allem bei Krebsverdacht entscheidend, insbesondere für jüngere Patient:innen. Diagnostische Verfahren, die hier zum Einsatz kommen, sind neben der Schilddrüsenszintigrafie auch Ultraschall und die Feinnadelpunktion sowie die MIBI-Bildgebung (MIBI steht für „Methoxy-isobutyl-isomitril“). „Bei der Punktion entnehmen wir mit einer dünnen Nadel Zellen aus verdächtigen Schilddrüsenknoten“, erklärt die Nuklearmedizinerin. „Eine Punktion kann unkompliziert in der Facharztpraxis durchgeführt werden und ist kaum schmerzhaft.“
Liegt ein hochgradiger Krebsverdacht vor, ist eine Operation angezeigt. Je nachdem, wie das Ergebnis der feingeweblichen Untersuchung ausfällt, wird zusätzlich eine Radiojodtherapie empfohlen. „Internationale Daten aus großen Krebsregistern zeigen, dass die Radiojodtherapie nach Operation in vielen Tumorstadien mit einem längeren Überleben verknüpft ist.“
Dabei schlucken die Patient:innen eine winzige, mit winzige, mit radioaktivem Jod angereicherte Kapsel. Das Jod reichert sich über die Blutbahn in eventuell nach der Operation noch verbliebenem Schilddrüsenkarzinomgewebe an und zerstört es von innen. Die Verteilung des radioaktiven Jods kann mit einer speziellen Gammakamera dargestellt werden. „Mit dieser hochempfindlichen Untersuchung nach Therapie können sehr viele Betroffene beruhigt werden, dass der Tumor nicht gestreut hat“, sagt Kreißl.
Für heiße Knoten, die immer gutartig sind, kommt neben einer Operation ebenfalls die Radiojodtherapie in Betracht, wird jedoch anders dosiert. Die Erfolgsrate liegt bei einmaliger Therapie bei 90 Prozent, die Volumenreduktion der Knoten kann ebenfalls bis zu 90 Prozent betragen. Der Behandlungseffekt tritt allerdings etwas verzögert ein, binnen weniger Wochen bis Monate.
Zusätzlich stehen bei gutartigen Knoten sogenannte lokalablative Verfahren zur Verfügung. Darunter versteht man verschiedene Techniken, mit denen Tumorgewebe etwa durch Hitze oder Kälte zerstört werden kann.
Quelle: Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V.