Vitamin D ist der Oberbegriff für eine Reihe fettlöslicher Verbindungen, die essentiell für die Aufrechterhaltung des Mineralstoffgleichgewichts im Körper sind. Es ist auch unter der Bezeichnung Calciferol oder antirachitisches Vitamin bekannt. Die Hauptformen sind das Vitamin D 2 (Ergocalciferol) aus pflanzlicher Herkunft und das Vitamin D 3 (Cholecalciferol), das tierischen Ursprungs ist. Da Cholecalciferol in der Haut unter Einwirkung von UV-Licht aus 7-Dehydrocholesterin, einem in tierischen Fetten weit verbreiteten Cholesterinderivat, gebildet werden kann, entspricht Vitamin D im strengen Sinne nicht der klassischen Definition eines Vitamins.
Trotzdem gilt Vitamin D als essentieller Nährstoff, da seine Synthese von zahlreichen äußeren Faktoren wie geographischer Lage, Jahreszeit, Luftverschmutzung, Ausmaß der Lichtexposition der Haut, Hautpigmentierung, Alter und anderem abhängig ist.
Die reichhaltigsten Vitamin-D-Quellen sind Fischleberöle und Salzwasserfische wie Sardinen, Heringe, Lachs und Makrelen. Eier, Fleisch, Milch und Butter enthalten ebenfalls geringe Mengen. Pflanzen sind unbedeutende Quellen. Früchte und Nüsse enthalten praktisch überhaupt kein Vitamin D. Der Vitamin-D-Gehalt der Frauenmilch reicht nicht aus, um den Bedarf des Kindes zu decken.
Vitamin D ist in Lebensmitteln relativ stabil. Lagerung, Verarbeitung und Kochen haben wenig Einfluß auf seine Aktivität. Allerdings können bei angereicherter Milch durch Lichtexposition bis zu 40 % des zugegebenen Vitamin D verloren gehen.
Cholestyramin (ein Harz, das zur Unterbindung der Gallensäuren Rückresorption angewendet wird) und Laxantien auf Mineralölbasis hemmen die Vitamin-D-Resorption aus dem Darm. Hormone mit Corticosteroidcharakter, Antikonvulsiva und Alkohol können die Calciumresorption verändern, indem sie die Reaktion auf Vitamin D reduzieren. Aus Tierstudien läßt sich auch ableiten, daß Antikonvulsiva bestimmte Leberenzyme stimulieren und in der Folge vermehrt Vitamin D abgebaut und ausgeschieden wird.
Vitamin D ist essentiell für die Homöostase des Calcium- und Phosphatstoffwechsels. Seit langem bekannt ist, da8,es für die Resorption von Calcium und Phosphat im Dünndarm erforderlich ist, für deren Mobilisierung aus den Knochen sowie für ihre Rückresorption über die Nieren. Aufgrund dieser drei Funktionen spielt es eine wesentliche Rolle für das einwandfreie Funktionieren von Muskeln, Nerven, Blutgerinnung, Zellwachstum und der Energieausnutzung. Der Einbau der Mineralstoffe in das Knochengerüst erfolgt vermutlich aufgrund der hohen Calcium- und Phosphatkonzentrationen im Blut und ist somit nur indirekt auf Vitamin-D-Wirkungen zurückzuführen.
Um seine biologischen Funktionen ausüben zu können, lagert sich Calcitriol, ähnlich wie andere Hormone, an spezifischen Rezeptoren der jeweiligen Zielzellen an. Derartige Rezeptoren sind bereits in einer Vielzahl von Geweben nachgewiesen worden. Diskutiert wird auch, daß Vitamin D bei folgenden Stoffwechselvorgängen und -reaktionen im Körper vermutlich eine wichtige Rolle spielt: Insulin- und Prolaktinsekretion, Immun- und Strebreaktionen, Melaninsynthese, Differenzierung von Haut- und Blutzellen.
Zu den ersten Symptomen eines Vitamin-D-Mangels gehören verminderte Calcium- und Phosphatspiegel im Serum sowie ein Aktivitätsanstieg der alkalischen Phosphatase. Gleichzeitig kann es zu Muskelschwäche und muskulärer Übererregbarkeit kommen sowie zu einer steigenden Infektanfälligkeit. Kinder zeigen teilweise auch unspezifische Symptome wie Unruhe, Reizbarkeit, extremes Schwitzen und schlechten Appetit. Die marginale Hypovitaminose D kann auch zur Knochenbrüchigkeit bei älteren Menschen beitragen.
Die am besten bekannten und am häufigsten diagnostizierten Manifestationen eines Vitamin-D-Mangels sind die Rachitis bei Kindern und die Osteomalazie (Knochenerweichung) bei Erwachsenen. Beide Formen sind gekennzeichnet durch Mineralverluste in den Knochen, in deren Folge es zu Skelettdeformationen wie den O-Beinen bei Kindern kommt. Betroffen sind die Endabschnitte der Röhrenknochen sowohl der Arme als auch der Beine, und das Wachstum kann verzögert sein. Rachitis führt auch zu einer inadäquaten Mineralisation von Zahnschmelz und Dentin.
Es sind einige seltene Rachitisformen nachgewiesen worden, die trotz ausreichender Vitamin-D-Versorgung vorkamen. Es handelt sich hierbei um erbliche Formen, bei denen die Bildung oder Ausnutzung von Calcitriol gestört ist. Die Osteoporose, eine Erkrankung des fortgeschrittenen Alters, bei der es zu einem Verlust an Knochensubstanz kommt, jedoch nicht zu einer direkten Entmineralisierung, wurde auch mit Störungen im Vitamin-D-Stoffwechsel in Zusammenhang gebracht. Die Ergebnisse sind bislang jedoch widersprüchlich.
Das größte Risiko eines Vitamin-D-Mangels weisen Kinder und alte Menschen auf, insbesondere wenn sie nur selten dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Bei Frühgeborenen und Neugeborenen mit niedrigem Geburtsgewicht sind die Leber- und Nierenfunktionen teilweise noch nicht ausreichend, um eine optimale Vitamin-D-Verstoffwechslung zu gewährleisten. Auch ist Muttermilch ein schlechter Vitamin-D-Lieferant. Bei älteren Menschen stellen Nahrungseinschränkungen einen zusätzlichen Risikofaktor dar. Es gibt eine Reihe von Personengruppen, die ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin-D-Mangel aufweisen: Menschen mit Erkrankungen, die Leber-, Nieren- und Schilddrüsentunktionen oder die Fettresorption beeinträchtigen, Epileptiker unter antikonvulsiver Langzeittherapie, Vegetarier, Alkoholiker, aber auch Menschen, die das Haus nicht verlassen können.
Allgemein gültige Zufuhrempfehlungen für Vitamin D festzulegen ist schwierig, da immer der Einfluß des Sonnenlichtes berücksichtigt werden muß. Gesunde Kinder und Erwachsene, die sich in normalem Umfang der Sonne aussetzen, würden unter insgesamt günstigen Bedingungen keine spezielle Vitamin-D-Zufuhr mit der Nahrung benötigen. Da eine ausreichende Sonneneinwirkung in mittleren Breiten jedoch nicht gewährleistet ist und zudem in den letzten Jahren aus verschiedenen gesundheitlichen Gründen zunehmend vor einer intensiven Sonnenexposition gewarnt wird, ist eine Vitamin-D-Aufnahme mit der Nahrung erforderlich.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für Kinder, Jugendliche und Erwachsene eine Vitamin-D Zufuhr von 5 µg/Tag. Schwangere und Stillende sollten die doppelte Menge (10µg/Tag) aufnehmen. Für gesunde Säuglinge werden insgesamt 20µg/Tag empfohlen, wobei diese Menge bei gestillten Kindern und älteren Säuglingen eine medikamentöse Supplementierung erforderlich macht; auch bei ausschließlicher Ernährung mit industriell hergestellter Säuglingsmilchnahrung, die üblicherweise mit Vitamin D angereichert ist (im allgemeinen 10µg/Liter), empfiehlt sich eine zusätzliche Supplementierung. In anderen Ländern bewegen sich die Empfehlungen für Erwachsene zwischen 2,5 µg und 11,5 µg. Die höchsten Empfehlungen mit 20 - 30 µg/Tag gibt es in Frankreich für dunkelhäutige Kinder.
Monopräparate des Vitamin D und seiner verschiedenen Derivate gibt es als Tabletten, Kapseln, Tropfen, Emulsionen und Injektionslösungen. Vitamin D ist auch in einigen Kombinationspräparaten mit Vitamin A oder Calcium enthalten.
Die Hypervitaminose D kann ein schwerwiegendes Problem darstellen, da sie dauerhafte Nierenschäden, Wachstumsverzögerungen und Kalkablagerungen in weichen Geweben wie Nieren, Herz, Lungen und Arterien verursachen kann und im Extremfall auch zum Tod führt. Milde Symptome einer Intoxikation sind unter anderem Übelkeit, Schwäche, Obstipation und Reizbarkeit. Im allgemeinen wird die toxische Dosis für Erwachsene mit etwa 2,5mg/Tag über 1- 2 Monate angegeben, die für Kinder liegt bei 0,5 mg -1,0 mg. Es gibt jedoch Menschen, die eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Vitamin D haben und bereits nach nur 50 µg/Tag mit toxischen Symptomen reagieren. Eine Hypervitaminose D kann nicht durch übermäßige Sonnenexposition hervorgerufen werden.
In vielen Ländern dienen mit Vitamin D angereicherte Milch und Milchprodukte, Margarine und pflanzliche Öle als wichtige Quellen für die Vitamin-D-Versorgung. In Deutschland beschränkt sich die Anreicherung normaler Lebensmittel im wesentlichen auf Margarine. Immer zugesetzt wird Vitamin D jedoch Säuglingsmilchnahrungen und bestimmten diätetischen Lebensmitteln.