Altern ist ein komplexer Prozess und die Wissenschaft vermutet schon länger, dass eine allmähliche Anhäufung von Veränderungen in den Zellen die Fähigkeit des Körpers beeinträchtigt, richtig zu funktionieren. Neueste Forschungsergebnisse legen nun nahe, dass dieses Denken zumindest unvollständig ist. Der wahre Grund dafür sind, so die nun erlangten Erkenntnisse von Wissenschaftler aus dem englischen Cambridge, “egoistische” Zellen, die im Alter die Vorherrschaft übernehmen. Durch diese “fatalen” Veränderung in der Blutzusammensetzung im Alter werden Menschen in ihren 70ern plötzlich gebrechlich. Dadurch erhöht sich zudem das Risiko von Blutkrebs und Anämie und es beeinträchtigt die Wirksamkeit der weißen Blutkörperchen bei der Infektionsbekämpfung.
Die Wissenschaftler des Sanger Institute in Cambridge nehmen an, dass ähnliche Vorgänge in allen Körper-Organen, von der Haut bis zum Gehirn, auftreten können. Dies könnte möglicherweise der Grund dafür ist, dass Menschen oft viele Jahre “gesund” altern, ehe es ab dem siebzigsten bis in das achtzigste Lebensjahr hinein, plötzlich einen wesentlich schnelleren gesundheitlichen Verfall gibt.
In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Wellcome-MRC Cambridge Stem Cell Institute untersuchten Peter J. Campbell und seine Kollegen Blutzellen in der gesamten Altersspanne von Neugeborenen bis hin zu Menschen in ihren 70ern und 80ern. Sie fanden heraus, dass Erwachsene unter 65 Jahren über ein breites Spektrum an roten und weißen Blutkörperchen verfügen, die von einer vielfältigen Population von 20.000 bis 200.000 verschiedenen Arten von Stammzellen in ihrem Knochenmark produziert werden. Ganz anders sah das Ergebnis hingegen bei den über 65jährigen aus. Etwa die Hälfte ihrer Blutzellen stammte von nur 10 oder 20 verschiedenen Stammzellen, was die Vielfalt der Blutzellen dieser Menschen drastisch reduzierte. Und das hatte wiederum Folgen für ihre Gesundheit.
In der Fachzeitschrift Nature erklären die Forscher nun, dass an der Blutbildung beteiligten Stammzellen im Laufe der Zeit zwar Veränderungen unterliegen, diese jedoch meist harmlos sind. Probleme treten erst auf, wenn seltene “Treiber”-Mutationen die Stammzellen schneller wachsen lassen und im Gegenzug oft Blutzellen von geringerer Qualität produziert werden. Während in jüngeren Lebensjahren der Wachstumsvorteil der abnormen Stammzellen kaum einen Unterschied machz, beherrschen diese schnell wachsenden Zellen die Blutzellproduktion ab dem 70sten Lebensjahr. Und damit erklärt sich warum die Alterung in diesem Alter einsetzt. Denn schneller wachsende Blutstammzellen machen weniger widerstandsfähig gegenüber Infektionen und medizinischen Behandlungen wie z. B. einer Chemotherapie.
Als nächstes wollen die Forscher nun u. a. herausfinden warum die Alterung zu Falten und langsamerer Wundheilung führt.
Dr. Elisa Laurenti, Assistenzprofessorin am Wellcome-MRC Cambridge Stem Cell Institute und mitverantwortlich für die Studie, erklärt auch, dass Stammzellen mit krebsverursachenden Mutationen durch chronische Entzündungen, Rauchen, Infektionen und Chemotherapie hervorgebracht werden können. Aber es ist auch möglich, dass es Faktoren gibt, die diesen Prozess verlangsamen können. Vor den Forschern liegt nun die spannende Aufgabe, herauszufinden, wie diese neu entdeckten Mutationen die Blutfunktion bei älteren Menschen beeinflussen. Nur so kann man lernen, wie das Krankheitsrisiko minimiert und gesundes Altern gefördert werden kann.
Quelle: nature.com
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