Heinrich Hoffmann hat vor mehr als 150 Jahren in seinem Struwwelpeter sehr eindringlich die Problematik von impulsiven, unruhigen und unaufmerksamen Kindern beschrieben. Seit die Wissenschaft sich mit diesem Thema beschäftigt, wurde diese Problematik mit unterschiedlichen Begriffen belegt, die auch auf sehr verschiedene Sichtweisen im Laufe der Jahrzehnte hinweisen: Hyperkinetisches Syndrom (HKS), Minimale Cerebrale Dysfunktion (MCD), Aufmerksamkeitsstörung ( ADS ), Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen ( ADHS ) sind die im Laufe der Zeit am häufigsten gebrauchten Begriffe und Konzepte.
Die aktuelle Diskussion in Deutschland ist gekennzeichnet von grundlegenden und sehr kontrovers diskutierten Fragen zur Konzeption dieser Störung, ihrer Häufigkeit und ihren Ursachen sowie zu den mehr anwendungsbezogenen Aspekten der angemessenen Diagnostik und Therapie. Die wichtigsten aktuellen Themen sollen vor dem Hintergrund von empirischen Forschungsergebnissen diskutiert werden:
- Handelt es sich bei dieser Problematik um eine Krankheit und welche Kriterien werden bei der Definition angelegt?
- Was sind die Ursachen dieses Störungsbildes und wie ist sein Verlauf?
- Nimmt die Häufigkeit dieser Problematik wirklich zu?
- Was ist bei der Diagnose zu beachten und welche Instrumente sind hilfreich?
- Wie ist die enorme Zunahme der Stimulanzienverschreibung weltweit und auch in Deutschland zu bewerten?
- Wie kann ein Therapiekonzept aussehen, wann ist Pharmakotherapie indiziert und welche Alternativen gibt es?
- Welches sind die typischen Schwachstellen in der Diagnostik und Therapie der Kinder und Jugendlichen?
- Wie können die verschiedenen Professionen – Pädagogen, Psychologen, Ärzte, Sozialarbeiter und viele andere – konstruktiv zusammenarbeiten?
- Welche Möglichkeiten gibt es, Engpässe in der Beratung und psychotherapeutischen Versorgung zu vermindern?
Kein anderes Störungsbild liegt stärker im Schnittpunkt von Pädagogik, Psychologie und Medizin. Die einzelnen Disziplinen haben ihren jeweils spezifischen Zugang zu der Problematik und können zu einem angemessenen Sichtweise der Thematik und zu einem besseren Umgang mit dem Problem beitragen. Sie sind jedoch auch anfällig für jeweils spezifische Fehleinschätzungen. Der Beitrag soll zur Versachlichung der Diskussion um dieses Störungsbild, seine Diagnostik und Therapie beitragen.
©Prof. Dr. Manfred Döpfner
Die Beratung der Bezugspersonen stützt sich auf 4 Säulen:
- Beratung hinsichtlich der eigenen Verhaltenssteuerung zum positiven Umgang mit dem ADS/ADHS-Kind. Die wichtigsten Variablen stellen dar:
- Geduld zu haben, ruhig zu bleiben
- liebevoll, gerecht, aber unbedingt konsequent zu sein
- den “Managerhut” zu tragen
Beratung hinsichtlich der eigenen Interaktionen mit dem ADS/ADHS- Kind. Die grundlegenden zu erlernenden Prinzipien sind:
- weniger reden – mehr handeln
- dem Positiven mehr Beachtung schenken als dem Negativen
- im Vorfeld verhindern
Beratung hinsichtlich der Methoden zur Förderung positiver Interaktionen:
- Struktur und Rituale sind vorzugeben, z. B. durch Wochenpläne
- Pflichten und Regeln sind aufzustellen, z. B. mit Hilfe von Punkteplänen
- Time-out bei extremen negativen Verhaltensweisen
Beratung zur Vermeidung von eigenem Burn-out durch das anstrengende Kind:
- Rituale mit dem Kind sind einzuhalten
- Auszeit von dem Kind nehmen
- sich selbst etwas Gutes tun
C. Spezielle Hilfsmaßnahmen
Hausaufgaben und Lernen gilt in den meisten ADS/ADHS-Familien als Stressfaktor Nummer 1: Eltern und Lehrer können das ADS/ADHS-Kind unterstützen, indem sie Hilfestellung geben bei:
- Ordnung am Arbeitsplatz und im Ranzen
- Hausaufgaben und wichtige Termine werden schriftlich notiert
- Regelmäßigkeit und Pünktlichkeit
- Hausaufgaben und Lernen in kleinen Schritten
- Weckertraining bei Trödelverhalten
Speziell fürs ADS-Kind
Eine positive Persönlichkeitsentwicklung ist nicht möglich, wenn sich das ADS/ADHS-Kind in einer “Misserfolgsspirale” befindet und sich entsprechend sieht als “unfähig, dumm, faul, verrückt”. Gemeinsam mit dem Kind ist zu erarbeiten:
- Steigerung des Selbstwertes
- Selbstinstruktionstraining zu aktiver Selbststeuerung und Handlungsorganisation
- Lernen lernen
- Soziales Kompetenztraining bei sozialen Defiziten
Ihr Kommentar zum Thema
Bitte melden Sie sich an, um zu kommentieren.