Verfluchte Wechseljahre! Mehrmals am Tag verwandelt sich mein Körper in ein Feuchtgebiet. Und kommt es dann mal darauf an, dann bleiben entscheidende Stellen trocken. Treffender kann man das Dilemma von Frauen während des Klimakteriums, und nicht selten auch danach, nicht formulieren. Professor Bernd Kleine-Gunk erhielt für den Einstieg in sein Referat zum Thema „vulvovaginale Atrophie und therapeutische Möglichkeiten“ daher vor allem von den am 9. Gynäkologie-Symposium in Bielefeld anwesenden Ärztinnen viel Zustimmung. Neben den lästigen Hitzewallungen kommen weitere psychovegetative Beschwerden, wie Herzklopfen, Schwindel, Schlaflosigkeit, nervöse Unruhe oder Stimmungsschwankungen bis hin zur Depression hinzu, die viele betroffene Frauen nicht einfach mal so wegstecken können. Ein weiteres Übel sind die organischen Veränderungen, bei denen die teilweise extreme Trockenheit der Haut und insbesondere der Schleimhäute im Urogenitalbereich an erster Stelle stehen..
Der Mensch zählt zweifelsfrei zu den Säugetieren. Und diese besitzen, sofern sie weiblich sind, fast immer eine intensive Bindung zu ihren Kindern, die mehr oder weniger lange andauern kann. Die als Fortpflanzungsorgan angelegten Eierstöcke sind jedoch nicht auf das gesamte Leben, sondern nur für eine begrenzte Zeit von der Natur vorgesehen. Mit Anfang 50 begeben sie sich sozusagen in den Ruhestand. Das gilt übrigens nicht nur für die menschliche Spezies, sondern beispielsweise auch für Elefanten oder Wale. Ja, auch sie kommen in die Wechseljahre! Wie intensiv die Beschwerden dabei in der Tierwelt sind, ist weder bekannt, noch wurde es wirklich erforscht. Leider führen die Damen Elefant und Wal kein Wechseljahres-Tagebuch. Es wäre sicher aufschlussreich!
Mit Beginn der Menopause im Alter von +/- 50 Jahren sinkt die Fertilität – wir Frauen haben buchstäblich ausgedient. Und über Jahrhunderte hinweg lag die weibliche Lebenserwartung nicht wie heute bei 80++, sondern weit darunter. War es mit der Fortpflanzung erst mal erledigt, stand dem frühen Tod nicht mehr viel im Weg. Klingt brutal, entsprach aber der Wahrheit. Während die Männer weiterhin ihrem Jagd- und Sammeltrieb frönen können, kann das Feuer am Herd von nun an auch der Nachwuchs (sprich die junge 2., 3 oder auch die 4. Ehefrau) hüten. Liebe Geschlechtsgenossinnen, ihr könnt es euch Schönreden so viel ihr wollt, die Wahrheit ist leider anders.
Östrogene sind schädlich, so weit so bewiesen. Aber man kann alles auch in moderatem Rahmen sehen. Bewiesen ist, es sterben weit mehr Frauen an Osteoporose als an Brustkrebs. Und die vielfach hoch gelobten pflanzlichen Mittel, verdanken, laut Prof. Kleine-Gunk, ihren Erfolg dem sprichwörtlichen Placebo-Effekt. Auch die „ultra low dose pills“ finden beim Professor keine Gnade. Bleiben also nur Östrogene und diese lokal dosiert! Anders ausgedrückt: Nicht schlucken, sondern cremen ist das beste Mittel der Wahl, um den austrocknenden Schleimhäuten im Genitalbereich wieder die notwendige Menge Feuchtigkeit zuzuführen. Denn Östrogene sind und bleiben Jungbrunnenhormone!
Der Besuch beim Frauenarzt ist, egal welches Alter Frau hat, ein MUSS – bei starker Trockenheit (= urogenitales Scheidensyndrom) sollte man sich vorher eine entsprechende Creme verschreiben lassen – damit die Untersuchung nicht extrem schmerzhaft verläuft. Zu diesem Zweck kann auch ein entsprechendes Gleitmittel oder eine rezeptfrei erhältliche Vaginalcreme benützt werden.
Durch das Absinken des Östrogenspiegels kommt es nicht nur zur Verdünnung des Vaginaepitels, sondern auch zu einem geringeren Glykogengehalt der Zellen und damit auch zur Veränderung der Lactobazillenflora. Scheidentrockenheit und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sind die unausbleiblichen Folgen. Da die hier hilfreiche Hormonersatztherapie fast nicht mehr, oder nur noch kurzfristig eingesetzt wird, ist die notwendige Hormonkonzentration im Urogenitalbereich nicht mehr ausreichend gewährleistet. Als empfohlene Therapie für (auch sehr alte) Frauen nennt Prof. Kleine-Gunk Estriol und Substituion mit Lactobazillen. Vor diesen werden Neugeborene auch beim Geburtsvorgang geschützt und sie entwickeln daher wesentlich weniger Allergien, als Kaiserschnittbabys.
Ein absolutes „no go“ in den USA ist die Erwähnung des Wortes Vagina. Man spricht nicht darüber, denn das große Land ist alles, aber bestimmt nicht aufgeklärt. Und das wird auch ein Präsident, der öffentlich sich damit brüstet „crap them by the pussy“ als durchaus chic zu empfinden, leider nicht ändern. US-Frauen sind prüde bis in die Knochen. Diesen, das Thema abrundende, Hinweis von Prof. Kleine-Gunk konnte man fast nicht glauben. Wer aber schon in den USA (wir sprechen nicht von Kanada!) gelebt hat, wird es durchaus bestätigen können.
Und noch etwas lag dem smarten Professor am Herzen: Die so beliebten Feuchtigkeitstücher sind ihm und auch sehr vielen seiner Kollegen ein Greul und häufig der Anfang einer lange andauernden Krankheitsgeschichte, denn sie „killen“ buchstäblich alles. Egal wie lieb man sie gewonnen hat, zum Hände reinigen mögen sie noch ok sein (vor allem auf Reisen), im weiblichen Intimbereich haben sie aber absolut nichts verloren!
Vagina
Scheidentrockenheit
Vulvovaginale Atrophie