Richtig ist, dass Gluten, ein über die Nahrung aufgenommenes Eiweiß, dafür sorgt, dass die Darmzotten im Dünndarm abflachen und nur noch wenig Nährstoffe aufnehmen. Falsch ist hingegen die Annahme, dass es sich dabei um eine Lebensmittel-Allergie handelt. Die Sprecherin der niedergelassenen Magen-Darm-Ärzte, Dr. Petra Jessen, erklärt dazu, dass die durch Gluten verursachte Zöliakie streng genommen keine Lebensmittel-Allergie darstellt, sondern eine Autoimmunerkrankung, die mit anderen Autoimmunerkrankungen wie Diabetes mellitus und Hashimoto Thyreoiditis assoziiert ist. Allerdings muss man die unspezifische Nicht Zöliakie-Glutensensitivität abgrenzen, die eine steigende Beliebtheit unter symptomatischen Menschen zeigt.
Viele Menschen kämpfen sich mit Bauchschmerzen, Übelkeit, Blähungen, Erbrechen und Durchfällen durchs Leben ohne die Ursache zu kennen. Apothekenpflichtige Medikamente gegen diese Magen-Darm-Symptome sind in der Fernseh-Werbung allgegenwärtig. Täglich berichten irgendwelche Promis stellvertretend für Erkrankte über diese Leidensgeschichte und präsentieren Medikamente, die Abhilfe verschaffen sollen, jedoch keine Klarheit über eine Diagnose voraussetzen.
Doch kann man einfach eine frei verkäufliche Medizin schlucken ohne den Symptomen auf den Grund zu gehen und das Gespräch mit dem Hausarzt, einem Internisten oder Gastroenterologen zu suchen? Nein, das sollte man keinesfalls. Denn am Ende eine eingehenden ärztlichen Diagnose steht oft das Wort Zöliakie.
Die Krankheit ist ein wahres Chamäleon, denn Betroffene klagen über unterschiedlichste Symptome. Neben Magen- und Darm-Problemen zählen Wachstumsstörungen, mangelnde Konzentration, Appetitlosigkeit, Mangelerscheinungen, Antriebslosigkeit, Migräne und Missmut mit zu den häufigsten Erscheinungsbildern. “Ein Problem ist die geringe Spezifität der Symptome, … die Krankheit kann in jedem Alter auftreten und es können … sogar Wesensveränderungen damit einhergehen”, erklärt Dr. Jessen.
Auch wenn die Symptome der Zöliakie-Patienten oft unterschiedlich sind, ist der gesundheitliche Zustand des Dünndarms aller nicht diagnostizierten Zöliakie-Erkrankten vergleichbar. Denn in ihm befinden sich die sogenannten Darmzotten und diese sind für die Aufnahme von Nährstoffen zuständig, die durch die Nahrung dem Körper zugeführt werden.
Bei Zöliakie flachen die Darmzotten im Dünndarm ab und können nur noch wenig Nährstoffe aufnehmen. Der Grund hierfür liegt im Gluten, einem Eiweiß, das über die Nahrung aufgenommen wird und sich in herkömmlichen Getreidesorten wie z.B. Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste und handelsüblichen Hafer findet.
Normale Backwaren sind damit für Zöliakie-Erkrankte tabu, doch Gluten, auch als Klebereiweiß bezeichnet, findet sich auch in sehr vielen Lebensmitteln, in denen man das aus Getreide stammende Gluten-Eiweiß nicht erwarten würde, wie Marinaden, Eiscremes, Chips, Cornflakes und Gewürzmischungen, Kartoffel-Erzeugnissen wie Pommes Frites, Knödeln, in Gemüse- und Fruchtsäften, Trockenobst, Joghurt, Milch mit zugesetzten Aromen, Pudding, Analogkäse/Käseimitaten, Soßen, Kräutern, Knoblauch- und Gewürzbutter, Sojaprodukten, Süßstoffen, Brotaufstrichen, Schokoladen und Süßwaren.
Bisher gibt es noch immer kein Medikament, geschweige denn EINE helfende Behandlungsmethode gegen Zöliakie, sondern nur die Empfehlung, sich an eine lebenslange Ernährung ohne Gluten zu gewöhnen, denn nur so vermag man an Zöliakie erkrankte Menschen in (halbwegs) Gesunde zu verwandeln.
Doch Zöliakie ist absolut keine seltene Krankheit. Rein statistisch erkrankt jeder hundertste Mensch an Zöliakie und dies sollte uns mehr als deutlich zeigen, jede*r sollte bzw. muss länger anhaltende Bauchbeschwerden ernst nehmen und dazu einen Arzt oder Ärztin aufsuchen.
Viele Fragen und Antworten rund um dieses Thema finden sich u. a. auf den Webseiten der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft e.V., sowie auf der Seite Magen-Darm-Ärzte.