„Als Kinder- und Jugendpsychiater brauchen wir dringend Kolleginnen und Kollegen, die unsere vielen Patienten mit Aufmerksamkeits-Defizit-/Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) nach dem Jugendalter weiterbehandeln. Allerdings gibt es immer wieder große Probleme, überhaupt Psychiater zu finden, die dazu bereit oder fachlich in der Lage sind, selbst in Großstädten wie Berlin“, fasst der Berliner Kinderarzt und Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie Prof. Dr. Peter Greven eines der Hauptprobleme beim Übergang von ADHS-Patienten ins Erwachsenenalter („Transition“) zusammen. Wissenschaftlich sei heute klar, dass die ADHS mit dem Erwachsenwerden nicht auf „wundersame“ Weise verschwinde. Vielmehr zeige die stark absinkende Zahl von ADHS-Diagnosen bei Erwachsenen oder die erhebliche Abnahme von Medikamenten-Verordnungen eine klare Versorgungslücke an. Diese Unterversorgung führe bei nicht behandelten ADHS-Patienten vermehrt zu Begleiterkrankungen wie Angststörungen, Depressionen, Drogenmissbrauch oder anderen Problemen. Und dies vermehre nicht nur persönliches Leid, sondern steigere auch die Behandlungskosten. Eine vermehrte Aufklärung und Weiterbildung bei Erwachsenenbehandlern ist daher nötig…
Die vielfach beklagten Probleme von Patienten mit Aufmerksamkeits- Defizit-/Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) während ihrer Transition ins Erwachsenenalter, so betont der Kinder- und Jugendpsychiater und Kinderarzt Dr. Jürgen Fleischmann, Sinzig, hängen auch wesentlich von den Zielsetzungen einer ADHS-Therapie ab. So könne man leider oft den Eindruck gewinnen, es ginge vor allem darum, dass Menschen mit ADHS ihr Umfeld nicht stören sollen (fremdbestimmte Verhaltens-Anpassung)… Das eigentliche Therapieziel sei eben nicht die isolierte Reduktion von Symptom-Ausprägungen in irgendwelchen Rating-Scales, sondern die ganzheitliche Verbesserung der Lebensqualität… Stimulantien könnten bei Patienten wie eine „Brille“ wirken, die das Fokussieren auf die eigenen Lebensnotwendigkeiten ermöglicht.
Prof. Dr. Dr. Martin Holtmann, LWL-Uniklinik Hamm, beschäftigt sich mit notwendigen Verhaltensänderungen von Therapeuten als Grundlage erfolgreicher Behandlung von ADHS-Patienten mit neuen Therapiekonzepten…Viele Therapeuten müssten allerdings erheblich umlernen, um … moderne Behandlungsansätze realisieren zu können. Holtmann zitiert in diesem Zusammenhang den Schweizer Schriftsteller Max Frisch: „Man sollte dem anderen die Wahrheit wie einen Mantel hinhalten, dass er hinein schlüpfen kann, und sie ihm nicht wie einen nassen Lappen um die Ohren schlagen“.
Holtmann betont, dass Grundprinzipien der motivierenden Gesprächsführung auch viele andere Ärzte und Therapeuten betreffen (sollten). Gerade weil eine erfolgreiche Behandlung vieler Erkrankungsbilder dringend Patienten erfordert, die zu Verhaltensänderungen bereit sind, z. B. bei chronischen Erkrankungen wie Diabetes.
Weitere Informationen findet man unter: expertenrat-adhs.de
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