Die globale Ernährungsstudie PURE, deren Autoren in 18 Ländern den Einfluss von Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß in der Ernährung auf das Krankheits- und Sterblichkeitsrisiko untersuchten, verkündete im Herbst 2017 vollmundig: “Zu viele Kohlenhydrate in der täglichen Kost steigerten die Sterblichkeit, und mehr Fett sei nicht nur unschädlich, sondern verringere sogar die Sterblichkeit und das Risiko für Schlaganfälle”.
Doch die Verfechter der Low Carb-Bewegung haben sich zu früh gefreut: Falsch, sagen Wissenschaftler der Universität Hohenheim in Stuttgart. Solch weitreichende Schlüsse ließen Methodik und Ergebnisse der Studie gar nicht zu. Ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen der Gesamtmenge an Kohlenhydraten und Fett in der Ernährung und der Sterblichkeit sei nicht gegeben, erklären Prof. Dr. Hans Konrad Biesalski, Prof. Dr. Regina Birner und Prof. Dr. Jan Frank. Entscheidend ist vielmehr die Qualität der Ernährung, also der Gehalt an wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen.
Mit steigender Zufuhr von Kohlenhydraten nehme die Sterblichkeit zu; bei Fett beobachtet die PURE-Studie einen umgekehrten Zusammenhang: Mit steigendem Anteil der Nahrungsenergie aus Fett nehme die Sterblichkeit ab. „Doch auch wenn eine geringere Sterblichkeit zwar mit höherem Fettkonsum bzw. niedrigerem Konsum an Kohlenhydraten verbunden ist, lassen sich mit dieser Methode keine kausalen Zusammenhänge zwischen diesen Beobachtungen feststellen“, gibt Prof. Dr. Biesalski zu bedenken.
Entscheidend sei vielmehr die Versorgung mit Mikronährstoffen – und dafür sei der Anteil an Kohlenhydraten und gesättigten Fetten in der Ernährung lediglich ein Indikator. „Mit steigender Armut nimmt der Anteil an Kohlenhydraten deutlich zu und der von Lebensmitteln tierischen Ursprungs, vor allem von Fleisch und Fleischprodukten, ab. Denn stärkehaltige Produkte wie Reis, Mais, Weizen, Kartoffeln oder Cassava sind preisgünstig und sättigen“, erklärt Prof. Dr. Birner. Diese seien aber bezüglich der Versorgung mit essenziellen Mikronährstoffen eine schlechte Quelle, und die Versorgung zum Beispiel mit Eisen und Zink habe einen Einfluss auf die Sterblichkeit.
Prof. Dr. Jan Frank stellt klar: „Eine unzureichende Versorgung mit Mikronährstoffen, also Mineralstoffen und Vitaminen, erhöht das Krankheits- und so unweigerlich auch das Mortalitätsrisiko. Wenn die Qualität außen vor bleibt, führt die Betrachtung der Quantität von Makronährstoffen in der Ernährung leicht in die Irre. Eine fettreiche, kohlenhydratarme Ernährung kann qualitativ genauso ungenügend sein wie eine fettarme, kohlenhydratreiche Ernährung.“
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