TANCO (Think About Needs in Contrazeption)1 heisst der soeben präsentierte “weltweit größte Verhütungsreport 2017” - und seine Ergebnisse lassen aufhorchen. In unserer aufgeklärten Zeit scheint es immer noch Bedarf an klärenden Worten zu geben - vor allem wenn es um intime Bereich geht. Verhüten ja oder nein, das sollte seit es die Pille gibt eigentlich kein Thema mehr sein, aber leider sieht die Realität anders auf. Frau spricht nicht drüber und schon gar nicht mit dem Arzt, der gerade in diesem Bereich ihr Vertrauen haben sollte. Der Gynäkologe oder die Frauenärztin schätzen, so wie es aussieht, das Informationsbedürfnis ihrer Patientinnen zu diesem Thema sehr gering ein. Sonst könnte es ja kaum sein, dass frau nicht fragt und Arzt nicht hinterfragt.
Sehen wir uns einfach die TANCO-Studie dazu einmal genauer an, vielleicht lichtet sich ja dann das Dunkel rund um das Thema Verhütung. An dieser weltweit größten Versorgungsstudie nahmen 18.521 Patientinnen und 1.089 Gynäkologinnen und Gynäkologen aus Deutschland teil. Viel Widersprüchliches gibt es da zu berichten: Frauen würden gerne auch mit anderen Methoden verhüten, dennoch holen sich 61 % aller Befragten brav ihr Pillenrezept in der Praxis ab, ohne je Fragen zum Thema Verhütung zu stellen. Liegt dies wirklich am fehlenden Informationsbedarf der Frauen oder haben die Ärzte vielfach einfach keine Zeit (und vielleicht auch keine Lust) für solche Gespräche? Warum findet in gynäkologischen Sprechstunden offenbar keine ausreichende Beratung zu Langzeitmethoden statt? Liegt es womöglich daran, dass dieses (zeitkostende) Gespräch ja nicht als IGeL-Leistung der Patientin in Rechnung gestellt werden kann?
Lassen sich diese Fragen wirklich mit der “zentralen Erkenntnis der Studie” beantworten, die dazu lautet: “Ärzte schätzen das Wissen ihrer Patientinnen höher und das Informationsbedürfnis geringer ein, als es tatsächlich ist”. Und stimmt es, dass nur durchschnittlich 6 von 15 befragten Frauen mit einem Alter von durchschnittlich 29 Jahren die gängigen Methoden kennen.
Und das alles in einer Zeit von Dr.Google, der bekanntlich doch alles weiß? Fallen wir demnächst bei der Verhütung ins finstere Mittelalter zurück? Gut möglich, wenn man TANCO Glauben schenkt. Denn auch das Wissen über die Wirkweisen einzelner Methoden ist bei frau mehr als lückenhaft. Nur knapp die Hälfte (47 Prozent) der Kombipillen-Verwenderinnen weiß, dass diese Methode ihren Eisprung verhindert. Und gerade einmal 14 Prozent aller befragten Frauen sind darüber informiert, dass das Verhütungsschirmchen keine Östrogene enthält. Immerhin wünschen sich 79 Prozent der teilnehmenden Frauen eine hohe Verhütungssicherheit, 44 Prozent wollen keine Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Weniger schmerzhafte Blutungen (43 Prozent) sowie eine geringe Hormondosis (43 Prozent) werden auch auf dieser Wunschliste, die keineswegs mit der PILLE konform geht, angeführt.
Höchste Zeit also, endlich offen über moderne Langzeitmethoden zu reden - von Frau zu Frau, von Arzt zu Patientin, von Partner zu Partner. So schwer kann das doch nicht sein!
TANCO-Studie: Alter der befragten Frauen: Zwischen 14 und 50 Jahre, 44 Prozent davon zwischen 20 bis 29 Jahre. Zwei Drittel der Studienteilnehmerinnen waren Nulliparae, hatten also noch kein Kind geboren. Daten der TANCO-Studie wurden im April 2017 im Fachjournal “Archives of Gynecology and Obstetrics” veröffentlicht. ↩
Verhütung