Etwa 25 bis 30 Prozent aller Patientinnen und Patienten, die unter Migräne leiden, haben so häufige und schwere Migräneattacken, dass sie eine Migräneprophylaxe benötigen. Alle bisher dafür verfügbaren Substanzen sind Zufallsentdeckungen, die ursprünglich für eine andere Indikation entwickelt wurden. So sind Betablocker unabhängig von ihrer Zweitkarriere als Migräneprophylaktika in erster Linie Medikamente gegen Hypertonie, Topiramat und Valproinsäure werden zur Behandlung von Epilepsien eingesetzt, und trizyklische Antidepressiva sollten primär Depressionen lindern. Nachdem Migränepatientinnen und -patienten jedoch berichteten, dass diese Medikamente nicht nur ihre Grundkrankheit besserten, sondern dass auch Migräneattacken seltener auftraten, wurden Placebo-kontrollierte Studien initiiert, die schließlich zur Zulassung der Substanzen für die neue Indikation Migräneprophylaxe führten. „Amitriptylin, die Antiepileptika Topiramat, Valproinsäure und Flunarizin sowie Betablocker sind zweifelsfrei wirksam in der Migräneprophylaxe. Sie haben aber auch erhebliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen“, sagt Professor Hans-Christoph Diener von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).
Nun kommt eine neue Generation von Migräneprophylaktika auf den Markt, die auf einem neuen Therapiekonzept beruht. Vor mehr als 20 Jahren wurde entdeckt, dass das Calcitonin-Gene-Related-Peptide (CGRP) eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie der Migräne spielt. Daraufhin wurden humanisierte Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor entwickelt und in klinischen Studien untersucht. „Heute liegen Placebo-kontrollierte Phase-2- und Phase-3-Studien zur Prophylaxe der episodischen und chronischen Migräne für vier dieser Antikörper vor. Eptinezumab, Erenumab, Fremanezumab und Galcanezumab sind eindeutig besser wirksam als Placebo“, berichtet Diener. „In indirekten Vergleichen sind sie allerdings nicht wirksamer als in traditionellen Migräneprophylaktika. Der wichtigste Vorteil, bedingt durch die hohe Spezifität der Antikörper mit einer fehlenden Interaktion mit anderen Neurotransmittern und Medikamenten, ist die sehr gute Verträglichkeit. In den großen Studien haben nur zwischen zwei und vier Prozent aller Patienten die Behandlung wegen unerwünschter Arzneimittelwirkung abgebrochen.“
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