Kardiovaskuläre Todesfälle stellen weltweit und in Deutschland die häufigste Todesursache dar. Ein erblicher und weit verbreiteter Risikofaktor, der zur Entstehung einer atherosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankung (ASCVD) beitragen kann, ist eine erhöhte Konzentration von Lipoprotein (a) [Lp(a)]. Diese kann durch Lebensstiländerungen nicht klinisch relevant verändert werden. Weltweit und in Deutschland ist jeder fünfte Mensch betroffen. Es besteht ein hoher therapeutischer Bedarf, da es derzeit keine zugelassene medikamentöse Therapie gibt, mit der eine erhöhte Lp(a)-Konzentration spezifisch gesenkt werden kann. Als einzige Therapie kommt derzeit die Lipidapherese als Ultima Ratio in Frage. Um das kardiovaskuläre Gesamtrisiko der betroffenen Patientinnen zu senken, sollten daher alle anderen kardiovaskulären Risikofaktoren entsprechend behandelt und insbesondere auch LDL-Cholesterin-senkende Therapien eingesetzt werden. Insbesondere bei Patientinnen, bei denen bereits eine ASCVD vorliegt, die ein kardiovaskuläres Ereignis erlitten haben oder bei denen eine familiäre Prädisposition besteht, sollte nach aktuellen Leitlinien und Konsensuspapieren der Lp(a)-Wert einmal im Leben gemessen werden. Idealerweise sollte dies bei der ersten Bestimmung des Lipidprofils erfolgen, um Personen mit einem hohen kardiovaskulären Risiko zu identifizieren.
Die Umsetzung der Lp(a)-Messung und deren therapeutische Konsequenzen bei gesetzlich Versicherten in Deutschland wurden in einer kürzlich in der Zeitschrift Atherosclerosis publizierten Sekundärdatenanalyse untersucht, die auf der Forschungsdatenbank des Instituts für angewandte Gesundheitsforschung (InGeF) Berlin basiert. Die Datenbank umfasst anonymisierte ambulante Längsschnitt-Rechnungsdaten von ca. 9 Millionen Versicherten aus 58 gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland und deckt damit ca. 12% der gesetzlich versicherten Bevölkerung ab. Die Auswertungen basieren auf einer alters- und geschlechtsrepräsentativen Stichprobe von > 4,2 Millionen Versicherten pro Kalenderjahr von 2015 bis 2018, die in den 4 Quartalen vor dem Indexdatum keinen Lp(a)-Test erhalten hatten. Die Analyse zeigte, dass die Häufigkeit von Lp(a)-Messungen bei den untersuchten Versicherten im ambulanten Sektor gering war: Die Testhäufigkeit betrug 0,25 % im Jahr 2015 und stieg auf 0,34 % im Jahr 2018. Lp(a)-Tests wurden auch selten bei Patientinnen mit einem hohen kardiovaskulären Risiko durchgeführt: In einer Subkohorte von > 350.000 Patientinnen pro Kalenderjahr mit einem ASCVD-Ereignis im Jahr vor der Analyse war die Häufigkeit von Lp(a)-Messungen höher als in der Gesamtkohorte. Sie stieg im Laufe der Zeit leicht an (2015: 0,42 %; 2018: 0,60 %), blieb aber immer unter 1 %.
Im longitudinalen Teil der Analyse wurden über 45.000 Patientinnen nach einem zwischen 2015 und 2018 durchgeführten Lp(a)-Test für bis zu 4 Jahre nachbeobachtet und mit einer Kontrollkohorte ohne Lp(a)-Test verglichen. Versicherte, bei denen eine Lp(a)-Messung durchgeführt wurde, hatten mehr Begleiterkrankungen und ein höheres kardiovaskuläres Risiko: Im Vergleich zur Kontrollkohorte ohne Lp(a)-Test wiesen sie signifikant häufiger kardiovaskuläre Komorbiditäten wie Bluthochdruck auf oder Hyperlipidämie auf und erlitten im Indexquartal# häufiger einen Myokardinfarkt oder ischämischen Schlaganfall . „Die Analyse zeigt, dass insbesondere Patientinnen getestet werden, die ein sehr hohes Risiko‡ für kardiovaskuläre Ereignisse aufweisen. Dennoch ist die Testrate mit weniger als 1% immer noch zu niedrig. Tests sind jedoch wichtig, denn die Bestimmung von Lp(a) kann dazu beitragen, das kardiovaskuläre Risiko von Patient*innen ganzheitlich zu betrachten, sie eventuell neu einzustufen und entsprechende Schritte einzuleiten“, betont Dr. André Schmidt, Chief Medical Officer bei Novartis in Deutschland.
Diejenigen mit Lp(a)-Test wurden zudem häufiger stationär behandelt, erhielten mehr Laboruntersuchungen, mehr Medikamente und besuchten häufiger Fachärzt:dinnen wie Kardiolog:innen. Die Sterberaten waren vergleichbar. Ähnliche Ergebnisse fanden sich für eine Subkohorte von > 4.000 Patient*innen mit Lp(a)-Test und einem ASCVD-Ereignis im Jahr vor der Analyse, die mit einer Kontrollkohorte mit ASCVD-Ereignis ohne Lp(a)-Test verglichen wurde.
Die Analyse der Sekundärdaten erlaubt keine Aussage darüber, ob eine Lp(a)-Messung ein Indikator für eine bessere Gesamtbehandlung ist oder ob eine erhöhte Lp(a)-Konzentration eine intensivere Prävention auslöst oder beides. Eine Lp(a)-Messung kann jedoch mit einer intensivierten präventiven Therapie von Begleiterkrankungen und positiven Effekten auf Outcome und Überleben assoziiert sein. Die Auswertung zeigt zudem, dass Lp(a)-Messungen im ambulanten Bereich sehr selten durchgeführt werden - selbst bei Patient*innen mit einem sehr hohen kardiovaskulären Risiko.‡, 2
Quelle: PM 6-23, Novartis
Medikament
Koronare Herzkrankheit KHK