Typ-2-Diabetes wird heute als Multiorganerkrankung verstanden und das Therapieziel ist nicht mehr allein die gute Einstellung des HbA1c. Auch Patient*innen mit gut eingestelltem Blutzucker benötigen eine Therapie, welche die kardiovaskulären und renalen Risiken reduziert, abhängig von der individuellen Risikokonstellation.
Erst die Einführung der SGLT2-Inhibitoren (SGLT2i) wie Empagliflozin (Jardiance®) und der GLP1-Rezeptoragonisten (GLP1-RA) ermöglichte den Übergang von einer rein glukozentrischen Therapie zu einer auf den kardiorenalen Organschutz ausgerichteten Therapie.
Dabei können drei Kernfragen das individuelle Behandlungsmanagement in die richtige Richtung lenken, erklärte Prof. Matthias Blüher, Leipzig: „Liegt bereits eine kardiovaskuläre Er- krankung vor? Hat der Patient oder die Patientin eine Nierenfunktionsstö- rung? Und/oder ist die Gewichtsreduktion primäres Therapieziel?“
So wird auch im aktuellen DMP Diabetes mellitus Typ 2 nach dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinsuffizienz oder Nierenfunktionsstörungen bei den Empfehlungen zur medikamentösen Therapie unterschieden. Patient*innen mit einer signifikanten arteriellen Stenose oder einem Myokardinfarkt bzw. ischämischen Schlaganfall in der Anamnese, die bereits Medikamente zur Behandlung kardiovaskulärer Risikofaktoren erhalten, sollen laut DMP-Richtlinie zusätzlich eine Kombination aus Metformin plus Empagliflozin oder Liraglutid erhalten.
Bei Betroffenen mit einer klinisch relevanten Nephropathie wird frühzeitig eine Therapie aus Metformin plus SGLT2i oder GLP1-RA empfohlen, um eine mögliche Dialyse hinauszuzögern.
Voraussetzung für eine frühzeitige Therapie, die auf Blutzuckermanagement, Gewichtsmanagement, Herz-Kreislauf-Risikofaktoren und Herz-Kreislauf-Protektion abzielt, ist die Ermittlung des individuellen Risikos der Patient*in, wie Dr. Tobias Wiesner, Leipzig, erläuterte. Zu den Risikomarkern, die regelmäßig untersucht werden sollten, gehört neben HbA1c, NT-ProBNP und eGFR auch die Albumin-Kreatinin-Ratio (UACR). Die aktualisierte DMP-Richtlinie greift dies auf. „Zwar wurde das Albuminscreening aus Gründen der Datensparsamkeit aus dem DMP-Dokumentationsbogen gestrichen, die regelmäßige Bestimmung der UACR wird aber weiterhin textlich erwähnt und empfohlen, wenn der Patient oder die Patientin davon profitiert“, erklärt Dr. Tobias Wiesner.
Da erste strukturelle Nierenschäden bereits bei der Diagnose von Typ-2-Diabetes oder Hypertonie vorliegen können, profitieren die Patient:innen in den meisten Fällen von einer regelmäßigen Bestimmung der UACR. „Dank der Albuminurie haben wir ein sehr frühes Signal, dass die Nieren einen Defekt haben, etwa 10 bis 15 Jahre, bevor dies in der eGFR sichtbar wird“, erklärte Prof. Markus van der Giet, Berlin, und riet: „Es ist wichtig, bei Patient*innen mit Diabetes und/oder Hypertonie frühzeitig die UACR zu messen und zum Beispiel mit SGLT2-Hemmern wie Empagliflozin zu behandeln, um die Verschlechterung der Nierenfunktion zu verlangsamen.“ Mit Empagliflozin kann der Beginn einer Nierenersatztherapie potenziell um viele Jahre hinausgezögert werden, abhängig von der anfänglichen eGFR10.
Aufgrund ihrer günstigen Effekte auf Herz und Nieren sind SGLT2i wie Empagliflozin neben der Behandlung des Typ-2-Diabetes auch für die Therapie der chronischen symptomatischen Herzinsuffizienz und der chronischen Niereninsuffizienz zugelassen. Die Einnahme erfolgt einmal täglich oral. Aufgrund ihrer positiven kardiorenalen Wirkung empfehlen Leitlinien den frühzeitigen Einsatz von SGLT2-Inhibitoren. „Die Therapie ist unkompliziert und es ist einfach geworden, die Komorbiditäten von Patient:innen mit Typ-2-Diabetes mit einem Medikament zu behandeln“, fasst Dr. Wiesner zusammen.