Halsbrecherisch überholende Motorradfahrer - wer ist nicht schon mal so einem lebensmüden, von der Geschwindigkeit berauschten Biker begegnet? Ihnen ist der Adrenalinkick oder der ‘SENSATION SEEKING’ Moment mehr wertk als ihr Leben. Und es scheint bei den wenigsten Bikern Eindruck zu machen, wenn man ihnen vorrechnet, dass das Risiko eines tödlichen Unfalls auf dem Motorrad rund 20-mal höher ist als im Auto1. Und schon ab 25 Stundenkilometern kann es ´gefährlich werden. Denn bei dieser Geschwindigkeit genügt die auf dem Motorrad übliche Schutzausrüstung unter Umständen nicht mehr, um lebensgefährliche Verletzungen zu verhindern. Laut eienr bundesweiten Statistik für 2019 hatten Motorradfahrer rund zwei Drittel der Verkehrsunfälle, an denen sie beteiligt waren, selbst verursacht. Typisch für Unfälle bei Alleinfahrten waren Kollisionen mit Autos oder Lkw an Kreuzungen und Einmündungen, so ein Ergebnis der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Bei Gruppenfahrten kam es eher zu Kollisionen zwischen Motorrädern der eigenen Gruppe, die nicht den nötigen Sicherheitsabstand hielten.
Am häufigsten in schwere Unfälle verwickelt sind Sportmotorräder mit schneller Beschleunigung, meldete die UDV nach einer Analyse von mehr als 100.000 Unfällen. Eine Umfrage unter knapp 7000 Motorradfahrern bestätigte das. Fahrer von Sportmaschinen gaben dabei besonders häufig an, gegen die Regeln zu verstoßen, zum Beispiel indem sie zu schnell fuhren oder unzulässig überholten.
Eine norwegische Studie kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Die Forscher suchten nach Merkmalen von Motorradfahrern, die ein besonders hohes Unfallrisiko haben. Dazu befragten sie mehr als 3300 Personen und analysierten rund 100 tödliche Unfälle, die sich zwischen 2005 und 2008 in Norwegen ereignet hatten. Die Hälfte davon betraf Sportbikes - fast alle wegen überhöhter Geschwindigkeit.
Aber warum? Was bringt Biker immer wieder dazu, ihr Leben zu riskieren?
Umfragen unter Besuchern von Motorradmessen 1992 und 1996 in Deutschland zeigten, dass dem Bedürfnis nach Sicherheit andere Motive entgegenstehen, wie die Freude am ‚dynamischen‘ Fahren und der Wunsch, die eigenen Fähigkeiten und Grenzen auszutesten. Hauptmotiv war die Suche nach Aufregung, nach dem Adrenalinkick, in der Fachsprache ‚Sensation Seeking‘ genannt. Eine Studie mit kanadischen Bikern ergab: Wer nach eigener Auskunft auf den Kick aus war, der neigte auch vermehrt dazu, stark zu beschleunigen, Stunts zu fahren und Fahrfehler zu machen.
Daneben gibt es aber noch einen Hauptschuldigen: den Promillegehalt im Blut. Laut französischen Polizeistatistiken aus den Jahren 1996 bis 2005 ist Alkohol der größte Risikofaktor für Motorradunfälle mit Personenschaden. Schon das Fahren mit mehr als 0,5 Promille „war sehr gefährlich und endete oft im Kontrollverlust“, heißt es in einer Analyse von rund 900 Motorradunfällen in Frankreich. Besonders oft betroffen: Roadster und wiederum Sportbikes. Das Risiko, die Kontrolle zu verlieren, stieg außerdem exponentiell mit der Geschwindigkeit.
Die Forschung legt nahe, dass Geschwindigkeits- und Alkoholkontrollen die Zahl der Unfälle senken könnten. Alkohol und hohes Tempo: „Das ist eine gefährliche Mischung“, warnt der Psychologe Dennis Dal Mas von TÜV NORD. „Wer Motorrad fährt, kann sich das nicht erlauben.“ Denn zusammen mindern sie sowohl die Kontrolle als auch die Einsicht in Risiken - und damit die Chance, wieder sicher nach Hause zu kommen.
Errechnet durch die Unfallforschung der Versicherer aus dem Vergleich der gefahrenen Kilometer ↩
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