Sport- und Bewegungstherapeuten empfehlen Herzpatienten in Reha-Zentren ein regelmäßiges Ausdauertraining. Denn dieses schützt nicht nur das Herz, sondern wirkt auch antidepressiv. „Regelmäßige sportliche Aktivität fördert Ausdauer und Muskelaufbau, verbessert die Körperwahrnehmung und die Fähigkeit, sich zu entspannen“, erklärt die Sport- und Bewegungstherapeutin Judit Kleinschmidt und erklärt weiter: „Den meisten Patienten gelingt es innerhalb des fünfwöchigen stationären Aufenthalts, spürbar an Kondition zuzulegen, nachdem diese in den Jahren zuvor durch Schonverhalten immer schlechter wurde.“ Infolgedessen nehme auch das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des eigenen Herzens zu, herzbezogene Ängste nähmen ab. „Dies ist eine wichtige Erfahrung, die schneller und nachhaltiger wirkt als Gespräche und Psychotherapie für sich genommen“, sind sich die Experten sicher.
Eine Kombination aus vier Stunden Ergometertraining oder Walking, zwei Stunden Gymnastik und Bewegungsspielen sowie rund zwei Stunden Entspannungsübungen pro Woche, zeige in der Rehabilitation gute Erfolge. Die Erfahrung aktiv zur eigenen Gesundung beitragen zu können, legt für viele der Betroffenen den Grundstein zu einem “bewegteren” Alltag. Auch nach der Reha sei es sinnvoll, etwa zweieinhalb Stunden Ausdauertraining pro Woche sowie Übungen zur Muskelkräftigung einzuplanen, um langfristig gesund und fit zu bleiben.
Umso bedauerlicher sei es, dass sich die Weiterführung der Behandlung im ambulanten Bereich oft als schwierig erweise. Oft fehle es an guten Angeboten, bei denen die Patientinnen und Patienten sowohl sporttherapeutisch als auch ärztlich begleitet werden, wie es beispielsweise in Herzsportgruppen der Fall ist. Insgesamt müsse daher auch im ambulanten Bereich die interdisziplinäre Zusammenarbeit gestärkt werden. „Die Kommunikation und Kooperation von Bewegungstherapie und Psychotherapie funktioniert in der Klinik meist gut, scheitert aber im ambulanten Bereich an fehlenden Organisationsstrukturen und Honorierungsmöglichkeiten. Hier sollten im Sinne der Patienten neue kreative Konzepte etabliert werden!
Gut zu wissen: Das Fachgebiet der Psychokardiologie beschäftigt sich mit den wechselseitigen Einflüssen von Herzerkrankungen und psychischen Problemen. So können Depressionen, Angst und anhaltender Stress das Herz nachweislich krank machen. Umgekehrt leiden Herzpatientinnen und -patienten oft unter Depressionen. Eine Sport- und Bewegungstherapie im psychokardiologischen Kontext zielt deshalb nicht nur auf die körperliche Fitness, sondern auch auf die seelische Gesundheit der Betroffenen ab.
Quelle:J. Kleinschmidt und V. Köllner: Herz und Psyche in Bewegung bringen; PiD Psychotherapie im Dialog 2021, 22 (2); S.1–5