Die Zukunft des Tourismus in deutschen Mittelgebirgen scheint ungewiss. Vor allem der Klimawandel und der damit verbundene Verlust von Schnee droht die Gästezahlen sinken zu lassen. Doch ist Schnee tatsächlich das Motiv Nummer Eins für Winterurlaub in diesen Regionen? Was wollen die Touristen wirklich? Diesen und anderen drängenden Fragen ist die IUBH Internationale Hochschule in einer breit angelegten Studie nachgegangen. Das überraschende Ergebnis: Schnee spielt für die Mehrheit nicht die wichtigste Rolle.
Laut Statistikportal Statista wohnen in Deutschland nach den USA die meisten Skifahrer weltweit. Immerhin rund 15 Millionen oder 18 Prozent der Gesamtbevölkerung schnallen sich gerne Bretter unter die Füße – eine gewaltige Zielgruppe für deutsche Touristenregionen. Doch der Klimawandel macht den Mittelgebirgen zu schaffen. Galten 2007 noch 69 Prozent als schneesicher, werden es 2050 nur noch 13 Prozent sein und 2100 ist nur noch mit 3 Prozent Schneesicherheit zu rechnen (Quelle: Abbeg). Vor allem Orte, deren Pisten unterhalb von 1.500 Metern liegen, stehen vor der großen Herausforderung die Schneesicherheit in zukünftigen Wintersaisons durch technische Mittel wie Schneekanonen zu garantieren – mit allen finanziellen und ökologischen Konsequenzen. Doch wie wichtig ist Schnee den Winterurlaubern überhaupt? Und wie hoch ist der Anteil an derjenigen, die bei Schneemangel auf andere Ziele für ihren Winterurlaub ausweichen würden? Die IUBH-Studie „Wintersporttourismus in deutschen Mittelgebirgen“ liefert interessante Antworten.
Wenig überraschend: Vor allem für Skifahrer und Snowboarder (zusammen 45 Prozent der Befragten) genießt Schneesicherheit die höchste Priorität. Verblüffender ist dagegen, dass bei den anderen Gruppen – Langläufern, Schlittenfahrern/Rodlern und Winterwanderern – der Wunsch nach Schneesicherheit nicht besonders ausgeprägt ist, obgleich auch sie ihre Hauptaktivität auf Schnee ausüben. Diese drei Gästegruppen stellten mit 38 Prozent immerhin mehr als ein Drittel der befragten Gäste. Ebenfalls interessant: Mit zunehmendem Alter nimmt die Wichtigkeit der Schneesicherheit ab und wird immer weniger auschlaggebendes Kriterium für einen weiteren Besuch in der Region.
Mit 57 Prozent war für über die Hälfte der Gäste eine der klassischen Wintersportdisziplinen (Ski Alpin, Skilanglauf und Snowboard) die Hauptaktivität während ihres Winterurlaubes. Dabei wurde mit 41 Prozent das alpine Skifahren mit Abstand am häufigsten genannt. Mit 23 Prozent landete das Winterwandern auf dem zweiten Platz. Schneeunabhängige Aktivitäten wie Feiern/Party (6 Prozent) und Wellness/Sauna (5 Prozent) spielen eine untergeordnete Rolle. Unter Berücksichtigung der Hauptaktivitäten fällt die Schneerelevanz für die Urlaubsentscheidung daher überraschend aus. So gaben mehr als die Hälfte der Befragten (51 Prozent) an, dass Schneesicherheit keine wichtige Rolle spielt. Speziell Gäste, die im Winter bereits häufiger Destinationen in Mittelgebirgslagen bereisten, stuften Schneesicherheit weniger wichtig ein als die, die noch nicht so häufig diese Regionen besuchten. Für Stammgäste scheint demnach eine gesicherte Schneelage nicht zwingend notwendig zu sein. Tourismuswirtschaftsprofessorin Prof. Dr. Linda Schnorbus von der IUBH erklärt: „Für die Mittelgebirgsregionen enthält unsere Studie die relativ positive Nachricht, dass der Klimawandel zumindest nicht alle Wintergäste aus den Regionen fernhalten wird.“ Für die Studie befragten ein Professorenteam sowie mehr als 150 Studenten aus dem Fach Tourismuswirtschaft über 1.000 Touristen in zehn deutschen Skigebieten in Mittelgebirgslage.
Offenbar ist nur für Skifahrer und Snowboarder eine ausreichende Schneehöhe reiseentscheidend. Für mehr als die Hälfte aller Gäste jedoch nicht. Für die deutschen Wintersportregionen bedeutet das, das sie durch schneeunabhängige Alternativangebote und weitere Anpassung an zukünftige Gästebedürfnisse auch weiterhin attraktive Reiseziele darstellen können. Eine Entwicklung in diese Richtung scheint unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels unumgänglich.
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