Kinder zählten von je her zu den Lieblingen der Werbung. Warum? Sie sind leicht manipulierbar! Das zeigt sich vor allem auch in der Tatsache, dass die Junkfood-Werbung vor allem auf Kinder und Jugendliche zielt.
Die allermeisten Kinder lieben nun mal Süßigkeiten und sind von gesunder Ernährung durch viel Obst und Gemüse meist nur schwer, bis gar nicht zu überzeugen.
Das Ergebnis ist zwar erschreckend, aber nicht unerwartet. So leiden derzeit etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen an Übergewicht und sechs Prozent sind sogar von starkem Übergewicht (Adipositas) betroffen. Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Gelenkprobleme, Bluthochdruck und Herzerkrankungen sind somit vorprogrammiert.
Den britischen TV-Starkoch Jamie Oliver appelliert daher auch in Deutschland, zusammen mit einem Bündnis aus etwa 40 Organisationen, an die Ampel-Koalition auch bei uns Kinder und Jugendliche vor Werbung für Lebensmittel mit viel Zucker, Fett oder Salz zu schützen. Denn bekannterweise beeinflusse, s.o., Werbung „nachweislich die Präferenzen und das Essverhalten“ junger Menschen.
Diese Sorge teilt er in einem offenen Brief an die Parteivorsitzenden von SPD, Grünen und FDP mit. Mit unterzeichnet haben diesen Appell zahlreiche medizinische Fachgesellschaften, Forschungseinrichtungen, Elternverbände, Verbraucherschutz- und Kinderrechtsorganisationen sowie Krankenkassen und Ernährungsorganisationen. Sie alle sind davon überzeugt, dass “Werbebeschränkungen ein wichtiger Schritt seien, um Familien dabei zu unterstützen, Kindern eine gesunde Ernährungsweise beizubringen“.
Wie recht nicht nur Jamie Oliver, sondern auch das von ihm geschmiedete Bündnis hat, zeigt die Tatsache, dass, so Jamie Oliver, … “Tag für Tag die Lebensmittelindustrie unsere Kinder mit Werbung für Zuckerbomben und fettige Snacks bombardiert – sie schaltet TV-Spots während Fußballspielen, Casting-Shows und Kindersendungen und engagiert beliebte Influencer:innen. Um Kinder und Jugendliche vor den perfiden Marketing-Tricks zu schützen, haben wir in Großbritannien ein weitreichendes Gesetz erkämpft. Wenn Deutschland einen ähnlichen Weg beschreitet – oder sogar noch weiter geht, um Kinder angemessen zu schützen, wäre das ein Meilenstein. Werbebeschränkungen sind ein zentraler Baustein zum Schutz der Kindergesundheit”.
Wie es funktioniert zeigt uns Großbritannien. Dort soll ab 2024 eine umfassende Werbebeschränkung in Kraft treten. Internet-Werbung für Ungesundes soll komplett untersagt und im TV ausschließlich nachts ausgestrahlt werden dürfen. Jamie Oliver hatte sich gemeinsam mit Ärzteverbänden und Elternorganisationen jahrelang für ein solches Gesetz stark gemacht – mit Erfolg.
Aber auch die Ampel-Parteien in Deutschland hatten im Koalitionsvertrag angekündigt, gegen Junkfood-Werbung vorzugehen. Das Bundesernährungsministerium dürfte schon in Kürze einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen. Das nun agierende breite zivilgesellschaftliche Bündnis pocht auf eine „umfassende Regelung“. Eine „Werbebeschränkung light“, die lediglich klassische Kindersendungen adressiert, würde „ihr Ziel verfehlen“. Das Gesetz müsse Junkfood-Werbung in TV, Radio und Streamingdiensten tagsüber von 6 bis 23 Uhr untersagen. Influencer:innen sollten ausschließlich Werbung für gesunde Lebensmittel machen dürfen. Für Plakatwerbung solle eine 100-Meter-Bannmeile im Umkreis von Kitas, Schulen und Spielplätzen gelten. Als Grundlage, welche Lebensmittel als ungesund gelten, müssten die Nährwert-Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dienen.
„Die Zeit der wirkungslosen freiwilligen Selbstverpflichtungen der Lebensmittelindustrie ist vorbei und das ist richtig so. Die Bundesregierung darf nun keine halben Sachen machen. Nur ein umfassendes Gesetz wird Kinder vor Junkfood-Werbung schützen. Die Regeln dürfen nicht nur reine Kinderformate, sondern müssen auch Familiensendungen umfassen, denn junge Menschen gucken nicht nur Zeichentrickfilme, sondern auch Fußballspiele und Casting-Shows“, erklärte Barbara Bitzer, Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK).
„Kinder müssen umfassend vor Werbung für ungesunde Lebensmittel geschützt werden. 93 Prozent der Eltern und Großeltern haben sich schon im Jahr 2020 für Zucker-, Fett- und Salz-Höchstgrenzen bei Lebensmitteln mit Kinderoptik ausgesprochen. Die Ampel muss diesem Wunsch nachkommen und endlich ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einlösen“, sagt vzbv-Vorständin Ramona Pop.
Kinder sehen pro Schnitt 15 Werbespots für ungesunde Lebensmittel täglich. 92 Prozent der gesamten, von Kindern wahrgenommenen Werbung, vermarktet Fast Food, Snacks oder Süßigkeiten. Allein die Süßwarenindustrie hat 2021 über eine Milliarde Euro für Werbung ausgegeben – so viel wie in keinem anderen Jahr zuvor. Und diese Zahlen sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern durch eine Studie der Universität Hamburg belegt.