Nudging wörtlich am besten mit „(an)stupsen, anstoßen“ übersetzt, ist längst auch bei uns ein geläufiger Begriff, der seinen Ursprung in der Verhaltensökonomik hat. Man versucht damit die Menschen ohne Zwang zu einem gewünschten Verhalten zu bewegen und dieses dann für sich selbst oder die Gesellschaft als vorteilhaft zu erkennen.
Ganz entscheidend dabei ist, dass Nudging ohne Verbote und vor allem finanzielle Anreize geschieht. Man versucht die Entscheidungsarchitektur, aber nicht die Entscheidungsfreiheit einzuschränken. Als Autopiloten dient dabei “…jenes System, das uns zu automatischen, schnellen und wenig reflektierten Entscheidungen bewegt…”
Eine repräsentative Studie des Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) zeigt, dass 70% der Deutschen die „Stupser“ , um jemanden zu einem ausgewogenen Essverhalten zu bewegen, durchaus ankommen. Mit Hilfe einer Online-Befragung wurden die Einstellungen zu Nudging und darauf basierende Interventions-Maßnahmen bewertet. Die Studie zeigt deutlich, dass wir absolut offen sind für einen „Stups“ in Richtung eines gesünderen und nachhaltigeren Verhaltens.
Am meisten Zustimmung erfährt der Bereich Bewegung, wo 80% der Befragten Nudges begrüßen würden, wie z.B. öffentliche Bewegungsmöglichkeiten und attraktive Wege- bzw. Treppenmarkierungen, die zu mehr Bewegung anregen.
In allen Lebensbereichen treffen wir täglich unzählige Entscheidungen – und das oftmals blitzschnell und intuitiv. In vielen Fällen fällt die Wahl auf die „ungesunde“ Variante, die häufig auch die bequemste ist. Allein mit Blick auf die Folgekosten einer fehlerhaften Ernährung wäre es aus gesellschaftspolitischer Sicht wünschenswert, das (Ess-)verhalten der Bevölkerung positiv zu beeinflussen. Der Einsatz der Nudging-Methode scheint hier naheliegend – aber inwieweit kann sie unsere Essenswahl beeinflussen und uns zu mehr Bewegung animieren? Dieser Frage ging das Kompetenzzentrum für Ernährung nach und startete im Jahr 2016 mit der Erprobung von Nudging-Maßnahmen in der Praxis.
Die Studienergebnisse zeigten u.a. dass diese sogenannten „Gesundheitsnudges“ gerade die Menschen erreichen, die sich sonst weniger oder kaum Gedanken um ihre Gesundheit machen. Mehrheitlich begrüßt wurde, dass man sich nicht großartig anstrengen muss, um sich gesünder oder nachhaltiger zu verhalten. Zu den konkreten Maßnahmen, die von den Befragten als sehr wirksam eingeschätzt wurden, zählen Nudges wie die Ausgabe wiederverwertbarer Einkaufstüten in Supermärkten (positive Bewertung von 88 %), die Verfügbarkeit von Trinkwasserspendern im öffentlichen Raum (positive Bewertung von 85%) oder die Verfügbarkeit von freien Bewegungsmöglichkeiten im öffentlichen Raum (positive Bewertung von 74 %).
Vor allem im Lebensmittelhandel gibt es gute Beispiele für Nudges: Die Platzierung von Produkten in der Greifzone oder an der Kasse animieren eher zum Kauf als Lebensmittel in der Reck- oder Bückzone. Und wir alle kennen das Bild der Süßigkeiten auf Augenhöhe von Kleinkindern. Damit stärken Hersteller und Handel ihren Umsatz. Und genau dies widerspricht den Grundsätzen des Nudging. Warum nicht statt ungesunder Süßigkeiten Äpfel oder Tomaten dort präsentieren? In diesem Fall hätte man zu deren Kauf genudgt, die gesündere Wahl zur einfachen gemacht. Solange Süßigkeiten nicht komplett aus dem Sortiment gesteichten werden, lässt man den Kunden die Wahl. Ein wichtiges Kriterium des Nudging.
Eine gesündere Ernährung wäre also dank Nudging relativ leicht umsetzbar - für alle!
Ernährungsaufklärung