Die Spargelsaison wird sehnsüchtig im Frühjahr erwartet, denn das Gemüse ist vielseitig verwendbar, kalorisch ein Leichtgewicht und aromatisch ein Hochgenuss. Wäre da nicht nur der strenge Uringeruch nach dem Genuss der weißen Stangen! Schuld daran ist ein Abbauprodukt, nämlich die im Spargel natürlich vorkommende Asparaginsäure, die Schwefel enthält. Diese Stoffe entstehen bei jedem Menschen; bei manchen allerdings stärker als bei anderen.
Norwegische Wissenschaftler wollten der Ursache auf den Grund gehen. Die unterschiedliche Wahrnehmung bezeichnet man als olfaktorische Dissonanz und bislang gab es keine wissenschaftliche Begründung für dieses Alltags-Phänomen. Und um es vorweg zu sagen: Das Geheimnis ist immer noch nicht gelüftet. Dafür machten die Wissenschaftler eine andere kuriose Entdeckung. Und zwar ganz zufällig.
„Im Grunde genommen haben wir nur einige Probanden auf eine Spargeldiät gesetzt und mit Serum- und Bluttests überprüfen wollen, wie sie auf unterschiedliche Konzentrationen von ausgeschiedenen Asparaginsäure-Abbauprodukten reagieren“, so Professor Asgard Andersson vom Institut für angewandte Biochemie in Spitzbergen. Ein Proband berichtete allerdings von einem ganz anderen Geruchsfaktor: „leicht nach Erdbeere“. Es stellte sich heraus, dass dieser zu der – in seinem Falle geringen Spargelmenge von 50 g – am Vortag etwa 500 g Erdbeeren gegessen hatte. Das Team um Andersson hat daraufhin mehr spaßeshalber die Erdbeeren gezielt nach Spargel-ähnlichen Inhaltsstoffen untersucht. Und sie machten einen erstaunlichen Fund: Die in den Erdbeeren enthaltenen sekundären Pflanzenstoffen Anthocyane reagieren offenbar mit Proteinfragmenten des Spargels und hemmen die Bildung schwefelhaltiger Stoffe, also auch der Abbauprodukte der Asparaginsäure. Ergebnis: Der Spargel-Urin riecht nicht mehr, bzw. sehr leicht nach den flüchtigen Geschmacksstoffen der Erdbeere. Warum das bislang nicht entdeckt wurde, liegt auf der Hand: Das komplexe Aroma von Erdbeeren setzt sich aus bis zu 360 verschiedenen flüchtigen Stoffen zusammen. Das für den Geruch und die Komplexbildung mit dem Spargelproteinfragment verantwortliche Flavonoid ist das Pelargonidin-3-O-glucosid, was bislang nur als farbgebend für die Erdbeere galt. Andersson gibt aber zu bedenken, dass noch ein erheblicher Forschungsbedarf dieser Zufallsentdeckung besteht, um die Zusammenhänge noch besser verstehen zu können.
Allerdings arbeitet das Institut laut eigenen Angaben bereits mit einer deutschen Universität zusammen, die sich auf Züchtungsforschung spezialisiert hat. Andersson: „Ich könnte mir gut vorstellen, dass wir in drei bis vier Jahren den ersten Spargel auf dem Markt haben, der nicht riecht“. Mal abwarten, ob diese speziellen weißen Stangen dann auch mit einem roten Erdbeerköpfchen ausgestattet sind. Bis dahin dürfte es noch ein langer Weg sein.