An der Autoimmunerkrankung Akne inversa leiden ca. 2-5 % unserer Bevölkerung. Und dies mitunter jahrelang, ohne überhaupt zu wissen, welche Erkrankung ihnen das Leben schwer macht. Denn die früher auch als Steißbeinfistel bezeichnete Krankheit gilt in der Ärzteschaft als blinder Fleck. Zum Nachteil der betroffenen Menschen, führt doch diese Unwissenheit unter den Medizinern oft zu schweren Verläufen dieser entzündlichen Haarfollikel-Hautkrankheit. Nicht selten vergehen bis zu 12 Jahre, bis die richtige Diagnose endlich gestellt wird.
Dazu trägt natürlich auch bei, dass die unheilbare Krankheit in der Öffentlichkeit nur wenig bekannt oder irrtümlich in eine Kategorie mit Pickeln oder Abszessen eingeordnet wird.
Betroffene durchschreiten daher häufig einen Leidensweg aus Scham, Schmerz und ständigen Operationen, bis sie die richtige Diagnose und entsprechende Therapie erhalten. Entgegen vieler Vorurteile sind auch schwere Verläufe gut behandelbar und ermöglichen Betroffenen ein weitestgehend beschwerdefreies Leben.
Einer der bekanntesten Patienten mit Akne inversa dürfte wohl Karl Marx gewesen sein. Die chronischen Entzündungen der Haarfollikel, die mit starker Eiterbildung einhergehen befallen vor allem sensible Körperstellen wie der Achsel und Genitalbereich. Ihre Ursachen, so weiß man heute, sind in einem Defekt des angeborenen Immunsystems zu suchen und nicht etwa an mangelnder Hygiene. Denn die Haut der Erkrankten enthält deutlich weniger Abwehrstoffe als bei gesunden Menschen. Faktoren wie Rauchen und Übergewicht verschlechtern das Krankheitsbild zusätzlich.
Fehldiagnose führen dazu, dass die betroffenen Hautareale vieler Patient:innen immer wieder oberflächlich operiert und das oft mehrmals im Jahr. „Man muss sich die Erkrankung wie ein Maulwurfsystem unter der Haut vorstellen, in dem viele entzündliche Fistelgänge miteinander verbunden sind. Sofern dieses unterirdische Gangsystem nicht entfernt wird, ist die Krankheit damit nicht ausreichend behandelt. Das ist, als wenn Sie einen Maulwurfshügel schließen/entfernen, der Maulwurf dann aber an einer anderen Stelle wieder ausbricht“, verbildlicht Dr. med. Thorsten Matthes, Chefarzt der Dermatochirurgie des Zentrums für Venen- und Dermatochirurgie am Krankenhaus Tabea in Hamburg-Blankenese die oft übersehende Problematik.
Die Erkrankung wird nach Hurley in drei Stadien eingeteilt. Ab Schweregrad 3 ist die großflächige Operation, bei welcher die Haut über die betroffenen Stellen hinaus entfernt wird, um sicherzugehen, dass alle Fistelgänge entfernt wurden, die einzige kausale Behandlung, um alle unterirdischen Entzündungsherde langfristig zu entfernen. Wundgrößen von ca. 12 x 6 Zentimeter sind dabei keine Seltenheit. Die Heilungsphase kann bis zu acht Wochen andauern und mit mit Antibiotikum und Schmermitteln begleitet. Ist alles abgeheilt, sind die Chancen, dass die Krankheit nicht erneut auftritt, gut. Allerdings, so schränkt Dr. Matthes ein, „es gibt immer die Möglichkeit für Rezidive, da wir die Genetik nicht wegoperieren können. Das hängt auch maßgeblich vom Verhalten der Patient:innen ab: Wer beispielsweise nicht aufhört zu rauchen, erhöht die Wahrscheinlichkeit neuer Entzündungsherde“.
Schwere Verläufe und entsprechend großflächige Operationen könnten vermieden werden, wenn Betroffene sich früher in fachkundige Behandlung begeben würden. Mehr Aufklärung über diese Krankkheit ist daher dringend geboten, damit „…das Krankheitsbild mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung, aber auch der Ärzteschaft gelangen kann. Selbst ausgeprägte Stadien lassen sich gut behandeln.“ Die Aufforderung zu mehr Aufklärung, gerade über die social media Bereiche ist eine gebotene Notwendigkeit, auch um Vorurteile abzubauen und einen langen Leidensweg zu verkürzen.
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