Schmerzen nach so einem Exzess bereitet hingegen meist nur der Kopf. Denn die Leber, dieses stille Dulderorgan, hat keine Schmerzsensoren und macht sich nicht bemerkbar, wenn ihr zu viel zugemutet wird. Heißt aber leider auch, viel zu lang erträgt sie still falsche Ernährung, Alkohol oder Medikamente. Aber, und das ist die gute Nachricht: Die Leber hat auch unglaubliche Regenerationsfähigkeiten: Sie hält härtesten Beanspruchungen stand und heilt oft wieder – sofern man sie danach in Ruhe lässt!
Die meisten Deutschen kennen Butler James und freuen sich auf das alljährliche Wiedersehen am Silvesterabend vor dem Fernseher. In „Dinner for One“ lädt Miss Sophie anlässlich ihres neunzigsten Geburtstages ihre engsten Freunde ein. Da sie alle aber bereits verstorben sind, kommt ihrem Butler James die Aufgabe zu, deren Rollen zu übernehmen. Wieder und wieder stößt er mit Miss Sophie auf ihren Geburtstag an. „Bekanntermaßen ist der arme James am Ende des Dinners stockbetrunken. Aber wie blau ist er eigentlich wirklich?“, wollten die Autoren von Das Schweigen der Leber wissen und haben nachgerechnet. Wenn man alle Gläser voll Champagner, Weißwein, Sherry und Portwein zusammenzählt, kommt man auf beachtliche Zahlen: Nach dem Dinner mit Miss Sophie hat James 16 Gläser Alkohol und somit 192 Gramm reinen Alkohol intus, wenn man vom normalen 0,1l-Standardglas und einem durchschnittlichen Alkoholgehalt der Getränke von zwölf Volumenprozent ausgeht. Insgesamt sind das rund 3,92 Promille. Das entspräche, so die Autoren, dem Zehnfachen der Tagesration an Alkoholika, die Männer aus Sicht von Medizinern bedenkenlos konsumieren können. „Dass es James in diesem Zustand noch die Treppe hoch schafft und schelmisch augenzwinkernd dem amourösen Dessert des Dinners entgegentorkelt, ist nur der dichterischen Freiheit geschuldet, denn tatsächlich drohen ab diesem Promillewert Lähmungen, Atemstillstand und sogar der Tod“, so Professor Dr. Ansgar W. Lohse, Leberspezialist und Klinik-Direktor am Universitäts-Klinikum Hamburg Eppendorf (UKE).
Was macht Alkoholkonsum mit der Leber und welche Rolle spielen zu viel Bier, Wein und andere geistige Getränke bei der Gesundheit des Organs? „Trinken wir Alkohol, werden kleine Anteile davon über Nieren, Lunge und Haut ausgeschieden, aber die restlichen mindestens 90 Prozent sind aus der Perspektive der Leber schlicht Gift“, erklären die Autoren des Buches. Das Organ versucht, seiner Bestimmung folgend, das Gift aus dem Körper zu entfernen. „Dabei gerät die Leber in ein tragisches Dilemma: Statt zu entgiften, bleibt ihr nichts anderes übrig, als uns zu vergiften. Denn sie kann nicht anders, als den Alkohol in sehr unappetitliche chemische Substanzen umzuwandeln. Wenn man nach einer Partynacht mit Kopfschmerzen und Übelkeit aufwachen, hat man es auch diesen Substanzen zu verdanken.
Zu viel Alkohol kann außerdem zu einer Fettleber führen. „Nicht weil Wein oder Bier Fett enthalten, sondern der Abbauprozess das Fett erzeugt“, erklärt Professor Lohse. Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Die Leber ist das duldsamste Organ unseres Körpers. „Sie hat unglaubliche Regenerationsfähigkeiten: Sie hält härtesten Beanspruchungen stand und heilt oft wieder – sofern man sie danach in Ruhe lässt.“ Wenn man nicht gerade so große Mengen an Alkohol zu sich nimmt wie Butler James, hat dieser normalerweise keinen Einfluss auf die Gesundheit der Leber: „Kleine Mengen Alkohol schaden der Leber überhaupt nicht, auch wenn sie krank ist. Ein absolutes Alkoholverbot gilt nur, wenn der Patient alkoholkrank ist oder an einer alkoholischen Zirrhose leidet“, klären die beiden Buch-Autoren auf.
In ihrem Buch klären Sie uns aber auch noch äußerst unterhaltsam darüber auf, warum Asterix und Obelix der Leber-Diagnostik um Jahrzehnte voraus waren, aus welchem Grund Gummibären in den Käfig und nicht in die Tüte gehören und welche Gefahren womöglich in der „Maurermarmelade“ (Thüringer Mett) lauern? Und wie es dazu kam, dass in einem Käsekeller eines der wichtigsten Diagnose-Verfahren in der Leber-Diagnostik erfunden wurde. Die Autoren räumen auch mit Mythen auf, die sich zum Thema Lebergesundheit hartnäckig halten. Alkoholpausen tun der Leber beispielsweise nicht in jedem Fall gut und es hilft ihr auch nicht, wenn man Medikamente als Pflaster oder Creme statt als Tabletten anwendet.
Wer also möchte, dass seiner Leber etwas Gutes widerfährt, sollte dieses Buch1 lesen!
Quelle: TRIAS Online-Pressekonferenz vom 8.12.21
In Deutschland leben mindestens fünf Millionen Leberpatienten. Und etwa jeder vierte Deutsche hat eine vor allem durch ungesunde Ernährung und mangelnde Bewegung verursachte Fettleber – meist ohne es zu wissen. „Trotz der weiten Verbreitung von Lebererkrankungen gibt es erstaunlicherweise kaum Bücher für Laien – also für jeden, der sich fragt, wie dieses zentrale Organ eigentlich genau funktioniert“, so die Autoren. Aus diesem Grund haben es sich Professor Lohse, der mehrere große Verbünde zur Leberforschung leitet, und Ulf C. Goettges zur Aufgabe gemacht über das Thema Lebergesundheit zu informieren: „Wir möchten jenes Wissen vermitteln, das es uns ermöglicht, die faszinierenden Fähigkeiten der Leber zu verstehen und sie gut zu behandeln. Denn Wissen ist die beste Medizin.“ ↩
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