Überforderung, neue Hygiene-Konzepte und leere Praxen. Seit Beginn der Coronakrise haben Fachärzte einiges mitgemacht.
Anfangs sorgte man sich um Infektionsrisiken. Zahlreiche Termine wurden daraufhin abgesagt oder aufgeschoben. Kurz darauf trauten sich zahlreiche Patienten aus Infektionsangst nicht mehr in die Praxis. Trotz Beschwerden wurden Termine bei Fachärzten kaum noch wahrgenommen. Nach der allmählichen Rückkehr zum Normalbetrieb schlägt die Leere in der Praxis jetzt in regelrechte Terminstaus um. Fachärzte müssen nun die Termine abarbeiten, die während der Corona-Hochphase aufgeschoben wurden. Ein Vorhaben, das Wochen bis Monate dauert.
Anfang März wurden niedergelassene Ärzte aufgrund der Coronapandemie zur Auslichtung ihrer Terminkalender aufgefordert. Alle verzichtbaren Termine sollten sie unter Rücksprache mit den Patienten verschieben. Die kassenärztliche Vereinigung rief zur Entlastung der Praxen auch die Patientenschaft zum Verzicht auf unnötige Arztbesuche auf. Nur wirklich erforderliche Termine sollten wahrgenommen werden. Vor allem Besuche bei Fachärzten wie dem Zahnarzt lagen daraufhin auf Eis.
Die erwartete Flut an Corona-Patienten ist nicht über Deutschland hereingebrochen. Arztpraxen wollten daraufhin zum Regelbetrieb zurückkehren. Trotzdem blieben viele Wartezimmer leer. Zahlreiche Patienten hatten Angst vor möglichen Infektionsrisiken innerhalb der Praxen. Sie holten abgesagte und verschobene Termine deshalb nicht unmittelbar nach. Teils mit schweren Folgen für niedergelassene Ärzte.
Einige meldeten Kurzarbeit an. Andere blieben aus Patientenmangel vorerst vollständig geschlossen. Bis die Kassenärztliche Vereinigung Ende Mai zur Wiederaufnahme von Arztbesuchen anregte. Auch bezüglich der Infektionsrisiken wurde Entwarnung gegeben. Strenge Hygiene-Regeln halten die Infektionsgefahr in Facharztpraxen gering. Zum Arzt traut sich der Großteil aller Deutschen mittlerweile wieder. Allerdings sind Termine aktuell nur schwer zu bekommen. Schuld daran ist die Flut an aufgeschobenen Konsultationen. Diese eigentlich längst fälligen Termine müssen Fachärzte aktuell abarbeiten.
Gemäß einer bundesweiten Abfrage des NDR verzeichneten Kardiologen und Onkologen während Corona einen 30- bis 50-prozentigen Terminausfall. Bei Zahnärzten belief sich das Minus sogar auf 80 Prozent. In Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg hatten sich telefonische Terminanfragen laut der Kassenärztlichen Vereinigung zumindest halbiert. Nicht nur Vorsorge-Untersuchungen, sondern auch Check-ups für chronisch kranke Patienten waren betroffen.
Umso mehr Patienten müssen jetzt ihre versäumten Termine nachholen. Durch die ausgelassenen Routine-Untersuchungen haben sich die Beschwerden kranker Patienten teils verschlechtert. Betroffene erfordern nun umso konzentriertere Zuwendung. Dadurch kommt es zu Engpässen bei der Terminvergabe. Um lange Wartezeiten zu vermeiden, organisieren einige Praxen ihre gewohnten Abläufe jetzt um. So beispielsweise durch effektiveres Terminmanagement.
Im Rahmen der Umorganisierung liegt ein besonderes Augenmerk auf der Digitalisierung. Patienten können bei vielen Fachärzten mittlerweile online Termine oder Videokonsultationen vereinbaren. Für ärztliche Beratung per Video-Chat bestehen oftmals kürzere Wartezeiten.
Schon vor der Coronakrise waren Facharzttermine in ländlicheren Regionen mit langen Wartezeiten verbunden. Umso wichtiger war für Patienten mit speziellen Beschwerden etwas Vorlauf. Die rechtzeitige Terminvereinbarung war für zeitgerechte Behandlungen unausweichlich. Aktuell verschärft sich die Situation im Hinblick auf Facharzt-Termine weiter.
Meist herrscht in Städten eine höhere Facharztdichte. Dadurch sind kürzere Wartezeiten die Regel. Auch Videosprechstunden können Wartezeiten verkürzen. Das allerdings nur bei dazu geeigneten Beschwerden. Bei der Konsultation per Video-Chat kann sich die Notwenigkeit eines Praxis-Termins herausstellen. In diesem Fall und bei Beschwerden ohne Aussicht auf erfolgsversprechende Video-Termine wird ein Vor-Ort-Termin vereinbart.
Bei akuten Beschwerden können auch Krankenhausbesuche die richtige Entscheidung sein. Werden auftretende Erkrankungen nicht diagnostiziert und behandelt, können schwerwiegende Gesundheitsschäden oder sogar lebensbedrohliche Entwicklungen drohen. Im Gegensatz dazu schätzen Experten das Risiko einer Coronainfektion mit schwerem Verlauf als Folge eines Krankenhausaufenthaltes als relativ gering ein.
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