Die Pflege und Betreuung eines Angehörigen, neben Kinder, Job und Haushalt, unter einen Hut zu bekommen, stellt nicht selten eine unlösbare Aufgabe dar. Sich Hilfe zu holen ist vielen Menschen allerdings finanziell nicht möglich. Die neue Bundesregierung will nun Familien sowie Alleinerziehende bei der Bewältigung von Alltagsaufgaben wie Putzen, Kinderbetreuung und weiteren Haushaltsaufgaben finanziell entlasten. Vor allem sollen künfktig auch pflegende Angehörige von dem Zuschuss profitieren. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will dafür ab 2023 ein Gutschein-System einführen. Denn fraglos ist eine staatliche Unterstützung in dem Bereich schon lange überfällig. Besonders der Bereich der Pflege im häuslichen Umfeld wurde von der Politik bisher sehr stiefmütterlich behandelt.
Um die Bezuschussung möglichst unkompliziert zu gestalten, läuft die Abrechnung der benötigten Aufgaben über eine spezielle App. Dort trägt man ein, welche Dienstleistung man in Anspruch nehmen möchte, wie zum Beispiel Fensterputzen. Anschließend gibt man einen individuellen Gutscheincode an, wodurch automatisch 40 Prozent des zu zahlenden Betrags abgezogen werden. Diese Summe wird von der Regierung getilgt, ohne dass im Voraus ein Antrag gestellt werden muss. Pro Jahr gibt es für jede betroffen Person einen Bonus von maximal 2.000 Euro. So soll die Unterstützung durch Haushaltshilfen in Zukunft auch für Normalverdiener finanzierbar sein und Bürger entlasten. Wann und für welche Alltagsaufgaben die Finanzspritze genutzt wird, spielt dabei keine Rolle.
Nicht nur Betroffene wissen längst, legale Alltagshelfer sind fast immer zu teuer. Um Aufgaben trotzdem bewältigen zu können, sucht man sich die Hilfe bei illegalen Kräften. Doch diese erhalten weder den Mindestlohn noch besitzen sie eine Sozialversicherung. Deshalb sollen mithilfe des Gutscheinsystems künftig nicht nur Betroffene die Chance auf Unterstützung bekommen. Auch die Arbeitsbedingungen der Alltagshelfer sollen so kontrollierter und erheblich verbessert werden. Daher dürfen in der App nur zertifizierte Unternehmen ihre Dienstleistungen anbieten. Voraussetzung: Angestellte müssen den Mindestlohn erhalten und sozialversichert sein. So soll die Ausbeutung von illegalen Arbeitskräften unterbunden werden.
Eltern und pflegende Angehörige mithilfe solcher Gutscheine zu entlasten, ist wichtig und wertvoll. Allerdings sollte das Vorhaben nur als ein erster Schritt in die richtige Richtung angesehen werden und nicht als abgeschlossene Maßnahme. „Gerade für Familienmitglieder, die ihre Angehörigen pflegen, stellt die sogenannte 24-Stunden-Pflege eine sehr hilfreiche Alternative dar“. Bei diesem Modell zieht eine, häufig aus Osteuropa stammende Betreuungskraft bei der betroffenen Person zu Hause ein und unterstützt sie im Alltag. Sie hilft dem Pflegebedürftigen bei Dingen wie Arztbesuchen, dem Kochen oder der Medikamenteneinnahme und übernimmt somit wesentliche Aufgaben der Haushaltsführung.
Doch die bisher gewährte finanzielle Hilfe des Staats für Alltagshelfer lässt sich leider nicht für die Betreuung im häuslichen Umfeld nutzen. Dabei wäre dies gerade für pflegende Angehörige eine wichtige Stütze in der Bewältigung ihres Alltags. Bisher gibt es keinen rechtlichen Rahmen für die sogenannte 24-Stunden-Pflege, weshalb auch in diesem Feld die Schwarzarbeit1 extrem verbreitet ist. Eine konkrete Gesetzgebung würde dieser Pflegeform also mehr Sicherheit geben. Im neuen Koalitionsvertrag findet sich erstmals die Absicht, dies zu tun. Wichtig dabei wäre, dass durch die gesetzliche Regelung zum einen Betroffene finanziell entlastet werden. Zum anderen müssen diese rechtlichen Rahmenbedingungen den Bedürfnissen der Hilfsbedürftigen gerecht werden und gleichzeitig die Betreuungskräfte schützen. Nur so können pflegende Angehörige in Zukunft auf legale Unterstützung zurückgreifen.
Schwarzarbeit ist leider zwar das richtige, aber völlig unpassende Wort für die oft aufopfernde Tätigkeit ausländischer 24-Stunden-Pfleger. Denn ohne die Hife dieser Menschen würde das Pflegesystem in Deutschland längst zusammengebrochen sein und unzählige Nutzniesser hätten vermutlich einen einsamen Tod erlitten - da Angehörige oft weit weg oder leider auch uninteressiert sind. UND: Staatliche Hilfe abzufordern ist für viele Betroffene nicht nur häufig unmöglich, sondern auch ein beschämender Akt! Und die zuständigen, meist ohnehin überlasteten Behörden, sehen daher nur zu gerne weg. (Anm. d. Red.). ↩