Rund 90 % unseres Lebens verbringen wir in geschlossenen Räumen. Dabei wird Luftqualität in der eigenen Wohnung, im Büro oder in öffentlichen Gebäuden oft unterschätzt – obwohl sie maßgeblich über unser Wohlbefinden und unsere langfristige Gesundheit entscheidet. Die schlechte Nachricht: Innenräume sind oft stärker mit Schadstoffen belastet als die Außenluft. Die gute Nachricht: Mit den richtigen Maßnahmen lässt sich viel verbessern.
Radon ist ein natürlich vorkommendes, radioaktives Edelgas, das aus Gestein und Boden entweicht. Über Risse im Fundament oder undichte Kabelschächte gelangt es in Wohnräume, wo es sich – insbesondere bei schlechter Belüftung – anreichert. Das Problem: Radon ist geruchlos und unsichtbar, aber gesundheitlich höchst gefährlich. Es gilt als zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs – direkt nach dem Rauchen.
Radon-Test in Risikoregionen: Ein professioneller Radon-Test misst die Konzentration des Gases in Wohnräumen über mehrere Tage oder Wochen. Besonders in bekannten Radon-Hotspots wie der Eifel, dem Bayerischen Wald oder dem Erzgebirge ist eine solche Messung sinnvoll. Nur so lässt sich feststellen, ob gesundheitsgefährdende Werte vorliegen. Frühzeitige Erkennung ist entscheidend, da Radon geruchlos, farblos und chemisch unauffällig ist – man merkt es nicht, bis es zu spät ist.
Dichtes Fundament & Sanierung von Rissen: Radon steigt aus dem Boden auf und findet seinen Weg in Gebäude über undichte Stellen, etwa Risse in der Bodenplatte oder Spalten um Rohre. Werden diese Stellen fachgerecht abgedichtet, wird der Eintrag des Gases drastisch reduziert. Dies ist eine effektive bauliche Maßnahme, um das Eindringen an der Quelle zu blockieren.
Regelmäßige Stoßlüftung: Lüften verdünnt die Konzentration von Radon in der Raumluft. Beim Stoßlüften werden Fenster vollständig geöffnet, sodass ein schneller Luftaustausch stattfindet. Dadurch entweicht angereicherte Raumluft, und frische Außenluft senkt den Radongehalt deutlich. Dauerhaft gekippte Fenster reichen dafür nicht aus.
Bodenabdichtung und Radonsperren beim Neubau: Beim Hausbau kann man Radon dauerhaft ausschließen, indem man spezielle Sperrschichten zwischen Boden und Fundament einzieht. Diese sogenannten Radonmembranen oder -sperren verhindern, dass das Gas in die Wohnräume gelangt. Eine frühzeitige bauliche Vorsorge ist oft günstiger und nachhaltiger als spätere Sanierungen.
Feinstaub entsteht nicht nur draußen durch Verkehr und Industrie – auch alltägliche Haushaltsaktivitäten produzieren große Mengen: Kochen, Braten, Toastern, Kerzen anzünden, Heizen mit Kamin oder Ofen.
Besonders gefährlich sind ultrafeine Partikel (PM2.5 und kleiner), da sie tief in die Lunge eindringen, dort verbleiben und Entzündungen oder sogar Krebs verursachen können.
Kochen mit Dunstabzugshaube und Fensterlüftung: Beim Braten und Kochen entstehen Verbrennungsprodukte wie Feinstaub, Stickoxide und Formaldehyd. Besonders bei hoher Hitze (z. B. scharfem Anbraten) oder bei beschichteten Pfannen setzen sich kleinste Partikel frei. Eine Dunstabzugshaube mit Abluftfunktion zieht diese Stoffe direkt ins Freie. Wer keine solche Haube hat, sollte während und nach dem Kochen Fenster öffnen, um die Luftzirkulation zu verbessern.
Toaster & Backofen sparsam nutzen: Selbst das Toasten von Brot erzeugt feine Staubpartikel – eine Form von „Mini-Verbrennung“. Wenn man den Toaster häufig nutzt, sammeln sich diese Partikel in der Raumluft. Daher ist gelegentlicher Gebrauch empfehlenswert – in Kombination mit Lüften direkt danach.
Kerzen und Räucherstäbchen nur gelegentlich verwenden: Kerzenflammen erzeugen Ruß und Feinstaub, vor allem Duftkerzen enthalten zusätzlich chemische Aromastoffe, die beim Abbrennen in die Luft gelangen. Räucherstäbchen brennen oft über längere Zeit, was die Belastung verstärkt. Die Partikel aus diesen Quellen können tief in die Lunge gelangen und Entzündungen oder Allergien auslösen. Deshalb: Selten verwenden, gut lüften, auf duftfreie Varianten ausweichen.
Kaminofen richtig betreiben: Offene oder alte Kaminöfen erzeugen beim Nachlegen und Öffnen der Kamintür Feinstaubschwaden – messbar und gesundheitsschädlich. Nur trockenes, unbehandeltes Holz verbrennen, da feuchtes oder behandeltes Material zusätzliche Schadstoffe freisetzt. Geräte, die älter als 15 Jahre sind, sollten ersetzt werden – moderne Modelle sind effizienter und deutlich emissionsärmer.
Feinstaubsensoren zur Überwachung: Mit einem kleinen Messgerät für Feinstaub lässt sich in Echtzeit sehen, wie stark die Luft belastet ist – etwa nach dem Kochen oder Kerzenanzünden. Das schafft Bewusstsein für Verursacher und hilft, gezielt zu lüften oder Verhaltensweisen zu ändern.
Reinigungsmittel, Parfüms, Raumduftsprays und Kosmetika enthalten oft Substanzen wie Limonen, Orangen, Apfel die zwar frisch riechen, aber gesundheitlich problematisch sind. In Kontakt mit Ozon aus der Außenluft entstehen daraus Formaldehyd und andere krebserregende Stoffe.
Typische Symptome: Allergien, Atemwegsreizungen, Kopfschmerzen.
Duftfreie Reinigungs- und Pflegeprodukte verwenden: Viele Produkte enthalten Limonen oder ähnliche Duftstoffe, die mit Ozon in der Raumluft zu giftigem Formaldehyd reagieren können. Duftfreie Alternativen vermeiden diese Reaktion. Die Haut und Atemwege werden weniger belastet, Allergierisiken sinken.
Klares Wasser statt Chemie: Für die meisten Reinigungsaufgaben genügt lauwarmes Wasser oder eine kleine Menge ökologisches Reinigungsmittel. Übertriebene Sauberkeit mit aggressiver Chemie kann mehr schaden als nutzen – die Rückstände bleiben oft in der Luft.
Lüften nach dem Putzen oder Duschen: Viele Dämpfe aus Reinigern oder Shampoos bleiben nach der Nutzung in der Luft. Kurz danach zu lüften senkt die Konzentration sofort und reduziert das Einatmen potenziell schädlicher Substanzen.
Duftkerzen und Raumduft-Sprays vermeiden: Diese Produkte setzen nicht nur bedenkliche Stoffe frei, sie überdecken auch schlechte Luft statt sie zu verbessern. Besonders in Kinderzimmern sollte komplett auf sie verzichtet werden – Kinder atmen schneller und reagieren sensibler auf Luftschadstoffe.
Kunststoffe wie Polyurethan in Matratzen oder Chemikalien in Kleidung können über Monate hinweg Schadstoffe abgeben – darunter Weichmacher (Phthalate), Flammschutzmittel oder Chlorparaffine. Diese Stoffe lagern sich an Staubpartikeln an oder gelangen direkt über die Haut in den Körper.
Neue Textilien gut auslüften: Kleidung, Teppiche, Vorhänge oder Matratzen dünsten nach dem Kauf oft monatelang Schadstoffe aus (sog. „Off-Gassing“). Frische Luft hilft, diese Substanzen schnell loszuwerden, bevor sie in der Wohnung dauerhaft landen.
Matratzen, Teppiche & Bettzeug regelmäßig an die frische Luft: Gerade dort, wo man viele Stunden verbringt, ist Luftqualität entscheidend. Textilien speichern Staub und mit ihm auch Schadstoffe. Sonnenlicht und frische Luft wirken wie ein natürliches Reinigungsmittel – das alte „Auslüften“ hat seine wissenschaftliche Berechtigung.
Umziehen und duschen nach Aufenthalten in verrauchten oder bedufteten Räumen: Rauch oder Duftstoffe haften an Kleidung und Haut. Wer sich danach direkt ins Bett legt, bringt die Stoffe mit – der Körper nimmt sie dann über Nacht auf. Duschen und frische Kleidung verhindern das.
Bio-zertifizierte Produkte bevorzugen: Zertifizierte Textilien enthalten meist weniger bedenkliche Substanzen. Gerade bei Kinderspielzeug, Kleidung oder Bettwäsche lohnt sich der Blick auf vertrauenswürdige Öko-Siegel.
In Wohnungen bildet sich ein ständiger Nebel aus ausgasenden Chemikalien, die sich an Staub binden. Der Staub wirkt wie ein „Taxi“ für Schadstoffe in unsere Atemwege – besonders kritisch in Haushalten mit kleinen Kindern oder Tieren.
Feucht wischen statt trocken saugen: Trockenes Staubsaugen wirbelt feine Partikel auf, die dann stundenlang in der Luft schweben. Feuchtes Wischen bindet diese effektiv und entfernt auch anhaftende chemische Rückstände.
HEPA-Staubsauger einsetzen: Falls Staubsaugen notwendig ist, sollte ein Gerät mit HEPA-Filter verwendet werden. Diese Filter entfernen selbst ultrafeine Partikel aus der Luft, ohne sie wieder auszublasen.
Weniger Staubfänger in der Wohnung: Je mehr Teppiche, Polstermöbel oder Dekoobjekte, desto mehr Fläche für Staubablagerung. Reduktion und bewusstes Einrichten tragen zu einer nachhaltig sauberen Raumluft bei.
Lüften nach dem Putzen: Beim Reinigen werden Staub und Partikel zwangsläufig aufgewirbelt. Direktes Lüften sorgt dafür, dass sie die Wohnung verlassen, statt sich wieder abzulagern.
Viele Geräte zur Luftreinigung versprechen frische Luft – doch nicht alle sind sinnvoll. Insbesondere Ionisatoren oder Ozonlampen setzen selbst Ozon frei, das nicht nur die Atemwege reizt, sondern mit anderen Stoffen neue Schadstoffe bildet – etwa Peroxide, deren Langzeitwirkung kaum erforscht ist.
Nur Geräte mit HEPA-Filter verwenden: Diese Filter entfernen Feinstaub, Pollen und Schimmelsporen ohne gefährliche Nebenprodukte. Sie arbeiten mechanisch – nicht chemisch – und sind damit gesundheitlich unbedenklich.
Finger weg von Ionisatoren und Ozonlampen: Diese Geräte erzeugen Ozon, das zwar Bakterien tötet, aber selbst giftig ist. Noch problematischer: Es reagiert mit anderen Stoffen zu neuen, teilweise unbekannten Schadstoffen. Bei Atemwegserkrankungen kann das zu akuten Verschlechterungen führen.
Auf Prüfsiegel und Testergebnisse achten: Seriöse Produkte sind geprüft, zertifiziert und transparent deklariert. Marketing-Versprechen ohne wissenschaftliche Basis sollte man misstrauen – vor allem, wenn die Geräte Ozon oder Ionen erzeugen.
Raumluft ist ein Gesundheitsfaktor, der oft übersehen wird. Doch gerade weil wir so viel Zeit in Innenräumen verbringen, lohnt es sich, kritisch hinzuschauen und aktiv zu werden. Viele Belastungen lassen sich mit einfachen Mitteln reduzieren:
Wer diese Grundregeln beachtet, schützt sich und seine Familie vor langfristigen Gesundheitsrisiken – ganz ohne teure Geräte oder radikale Maßnahmen. Frische Luft ist gratis. Man muss sie nur hereinlassen.
Feinstoffpartikel
Luftbelastung
Raumluftqualität