Gleich eine Klarstellung: Stottern ist zum großen Teil erblich bedingt und hat nichts mit “nicht können”, “nicht wollen” oder “Launen” zu tun. Häufig lässt sich auch eine erkennbare Ursache nicht leicht finden. Und noch seltener sind Eltern daran schuld, dass ihr Kind nicht flüssig sprechen kann! Ehe ein Kind an der Tatsache, dass es stottert Schaden nimmt, sollte daher Hilfe gesucht werden. Denn zurechtweisen, Tadel oder gar ständiges korrigieren sind, ob von Eltern oder ErzieherInnen absolut falsch am Platz. Übrigens: Häufig verliert sich das Stottern bei Kindern schon im Laufe von zwei Jahren wieder von selbst. Nur bei einem Prozent von 1000 Betroffenen bleibt es bis ins Erwachsenenalter bestehen.
Es gibt verschiedene wirksame Verfahren, mit denen man Stottern behandeln kann. Das Erlernen einer neuen Sprechweise oder Sprechtechnik gehört dazu und hat zum Ziel, nicht nur das Sprechen zu erleichtern, sondern auch dabei zu helfen, damit verbundene Schwierigkeiten abzubauen.
Geschätzte 45.000 Grundschulkindern in Deutschland, das sind immerhin vier bis fünf Prozent, stottern. In den meisten Fällen und schon über viele Jahre therapieren LogopädInnen in ambulanten Praxen das Stottern mit dem Therapieansatz KIDS. Die Kinder lernen dabei nicht nur, ihre Symptome wie etwa Wiederholungen von Silben, blockierten Redefluss oder Begleitsymptome wie Schulter- und Augenzucken zu kontrollieren. Sondern sie legen auch negative Gefühle und Ängste ab, die sie mit dem Stottern verbinden“, erklärt Prof. Dr. Anke Kohmäscher von der FH Münster zu den Ergebnissen der Studie PMS KIDS. Die Studie zeigte sehr zufriedene Ergebnissen, denn bei fast jedem Kind konnten eine Verminderung der Stotterschwere während des Untersuchungszeitraums beobachtet werden. Ein kleinerer Teil hat den Schweregrad auf dem Ausgangsniveau gehalten. Das passt zu anderen Studienergebnissen, denn nicht alle Kinder überwinden ihr ….”Stottern im Grundschulalter” (Anm. d.Red.) noch. Besonders erfreulich: Bereits nach drei Monaten Therapie fühlten sich die teilnehmenden Kinder im Vergleich zu einer noch nicht behandelten Wartekontrollgruppe durch ihr Stottern signifikant weniger beeinträchtigt – laut Kohmäscher ein relativ kurzer Zeitraum. „KIDS hilft den Kindern, das eigene Stottern zu akzeptieren. Sie haben so seltener oder weniger ausgeprägte Stottersymptome, können besser mit diesen umgehen und vermeiden es nicht mehr, in bestimmten Situationen zu sprechen“, so die FH-Professorin.
Die geförderte (Versorgungs-)Studie lief von Oktober 2018 bis März 2022. 73 stotternde Grundschulkinder und ihre Eltern nahmen daran teil, verteilt auf 26 Logopädie-Therapiepraxen in ganz Deutschland. Das Team testete die Kinder vor Beginn der KIDS-Therapie sowie nach drei, sechs und zwölf Monaten mittels Sprechproben sowie Fragebögen für Kinder und Eltern. Im Durchschnitt hatten die Therapien einen Umfang von 26 Sitzungen verteilt über zehn Monate. Die sogenannte Versorgungsstudie sollte auch abbilden, wie die Therapiequalität und -verfügbarkeit in Deutschland derzeit aussieht. Daher fanden die Therapiesitzungen bundesweit und unter Alltagsbedingungen statt – nicht in einer eigens dafür hergerichteten Praxis. Während der gesamten Projektlaufzeit bekam das Team Unterstützung von Studierenden der FH Münster und der RWTH Aachen. Erfreulich ist auch, dass alles trotz Corona geklappt hat. Das Team von PMS ***KIDS sowie die an der Studie mitwirkenden Logopädinnen und Logopäden musste sich spontan auf Videotherapien und eine digitale Datenerhebung einstellen.
Hilfreiche Informationen finden man hier
PMS-Kids steht für prospektive multizentrische Studie zur Wirksamkeit ambulanter Stottertherapie nach dem Stottermodifikationsansatz KIDS ↩
Logopädie
Sprechstörung
Multicenter Studie