Die seltene, erblich bedingte Augenerkrankung Lebersche Hereditäre Optikus-Neuropathie (abgekürzt: LHON) kann das Leben von Betroffenen plötzlich und unerwartet verändern. Überwiegend Männer zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr erkranken an der Augenerkrankung. Die Erkrankung kann aber auch andere Altersgruppen und Frauen treffen. Die Betroffenen verlieren innerhalb kurzer Zeit ihre Sehkraft auf einem Auge, in der Regel folgt das zweite Auge ebenfalls innerhalb weniger Wochen bis Monate.
Dr. med. Michael Oeverhaus, Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Essen, beantwortet in einem Video-Interview wichtige Fragen rund um die Hintergründe, Symptome, Diagnostik und Therapie der Erkrankung.
Die LHON ist eine seltene genetische Augenerkrankung. Patienten leiden unter einer schnellen Minderung der Sehstärke – zuerst auf einem Auge und innerhalb weniger Wochen und Monate auch auf dem anderen. Dabei ist vor allem das zentrale Sehen beeinträchtigt.
Die LHON kommt nur sehr selten vor: auf 100.000 Einwohner kommen 2 bis 3 Betroffene. In Deutschland gibt es pro Jahr etwa 80 Neuerkrankte.
Die Patienten sollten wachsam werden, wenn sie auf einem oder beiden Augen eine plötzliche schmerzlose Verschlechterung des Sehvermögens wahrnehmen. Weitere Symptome sind eine Beeinträchtigung des Farbsehens sowie ein zentraler Gesichtsfelddefekt, also Einschränkungen im zentralen Bereich des Sehens. Wenn Betroffene diese Symptome an sich feststellen, sollten sie auf jeden Fall schnell einen Augenarzt aufsuchen, um weitere diagnostische Maßnahmen einzuleiten.
LHON ist eine genetische Erkrankung, die von der Mutter vererbt wird. Auslösende Faktoren wie zum Beispiel Alkohol und Rauchen werden derzeit diskutiert.
Wenn der Augenarzt in der klinischen Untersuchung die typischen Zeichen einer LHON erkennt, sollte an eine LHON gedacht werden. Eine bereits diagnostizierte LHON-Erkrankung in der Familie kann einen weiteren Hinweis geben. Es gibt allerdings auch Fälle, bei denen die Symptome und Patientenbeschreibung nicht übereinstimmen. Bei Verdacht auf eine LHON bringt eine humangenetische Untersuchung Klarheit. Dies geschieht anhand einer Blutprobe, welche an ein spezialisiertes genetisches Fachlabor gesendet wird.
Glücklicherweise gibt es seit 2015 ein zugelassenes Medikament, mit dem Betroffene behandelt werden können. Viele Patienten haben mit einer deutlichen Verbesserung der Sehschärfe auf das Medikament reagiert.
Ich rate Patienten sich an ein spezialisiertes Zentrum zu wenden. Diese Zentren blicken auf einen großen Erfahrungsschatz mit der Behandlung von LHON-Patienten zurück. Darüber hinaus können sich Patienten an eine Selbsthilfegruppe, wie zum Beispiel ProRetina oder spezielle LHON-Selbsthilfegruppen, wenden. Diese bieten den Patienten weitere Beratungsmöglichkeiten und eine sehr gute Hilfe im Umgang mit der Erkrankung.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Oeverhaus.
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