Die Studie, die Harvard zusammen mit der Emory University School of Medicine durchführte, zeigt, dass sich das Hormon an die Reaktion des Gehirns auf Angst und Traumata anzupassen vermag. Bisher war bekannt, dass sogenannte Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) bei Frauen häufiger auftreten als bei Männern - und das, obwohl Frauen statistisch gesehen weniger traumatische Erfahrungen machen.
Das Sexualhormon Östrogen spielt der Studie zufolge eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von PTBS. Es zeigte sich, dass traumatisierte Frauen während der Mitte der “lutealen Phase ihres Menstruationszyklus häufiger Flashbacks” erleiden. Diese Phase tritt ungefähr eine Woche nach dem Eisprung auf - zu einem Zeitpunkt, an dem der weibliche Körper mehr Progesteron und weniger Östrogen produziert. Aufgrund dieser Ergebnisse geht die Studienforschung davon aus, dass Unterschiede in der Reaktion des Gehirns auf die Östrogenwerte auch einen Einfluss auf die Regulierung von Angst und damit auf das PTBS-Risiko bei Frauen haben.
Für die Studie wurden Frauen in gebärfähigem Alter, die Gewalt ausgesetzt waren, zusammen mit Frauen nach der Menopause ausgewählt. Die Forscher konnten nachweisen, dass die Werte von Östradiol, einer Form von Östrogen, im Genom mit der DNA-Methylierung in Verbindung stehen. In der Folge konnte ein einzelnes Gen identifiziert werden, dass mit der Angstreaktion des Gehirns in Zusammenhang steht und durch die Östrogenwerte beeinflusst wird. Mitautorin Alicia Smith: “Untersucht man jedoch die von Östrogen beeinflussten Bereiche, die auch mit PTBS in Verbindung stehen, dann sticht… ein Gen heraus, das Histon-Deacetylase 4 kodiert und dafür bekannt ist, dass es eine Rolle beim Lernen, der Bildung von Langzeiterinnerungen und dem Verhalten spielt”.
Die Ergebnisse standen auch mit den Reaktionen der Frauen auf Angst in Zusammenhang. Die Forscher untersuchten zusätzlich mittels bildgebender Verfahren die Hirnfunktion…Frauen mit der entsprechenden Genvariation wiesen im Ruhezustand eine erhöhte Konnektivität zwischen der Amygdala und dem cingulären Cortex auf…
Die Forschungsergebnisse wurden auch durch Experimente mit Mäusen bestätigt. Damit liegt nahe, dass Östrogen gegen die Entstehung einer PTBS schützen kann. Die Studienautoren weisen auch darauf hin, dass dieses Hormon wichtig bei der Modulierung von Angstreaktionen ist. Frühere Studien haben gezeigt, dass es auch bei der Wahrnehmung von Schmerzen von Bedeutung ist. Laut Smith ist auch denkbar, dass Östrogen zur Prävention eingesetzt wird.