Die Pandemie hat ihre Spuren hinterlassen, beim einen mehr, beim anderen weniger. Ein dickes Fell hingegen hat nicht jeder. Vor allem in den sozialen Medien scheint es für medizinisches Personal kaum eine Hemmschwelle zu geben: Ausraster, Beleidigungen und wohl auch Anmache gehören wie die Visite zum Alltag.
Medscape, ein Anbieter von wissenschaftlichen News und Gesundheitsinformationen für Ärzte und Gesundheitsexperten, hat unter 1.144 eigenen Usern eine Online-Umfrage zum Thema Fehlverhalten gestartet. Das Ergebnis ist leider erschreckend. Hätte man doch vor allem von Ärzten und Ärztinnen, denen man ja einen gewissen Bildungsstandard unterstellen darf, etwas anderes erwartet. Doch Beleidigungen tief unter die Gürtellinie, Mobbing und Inkorrektheiten sind wohl eher gang und gäbe denn eine Seltenheit. Und erschreckend auch die Tatsache, dass dies nicht nur unter Kollegen so ist, sondern auch Patienten trifft.
Die Umfrage zeigt deutlich, dass der Umgangston unter Menschen, die in medizinischen Betrieben arbeiten, wohl um einiges “härter” ist, als in vielen anderen Wirtschaftszweigen. Medscape stellt lakonisch fest, dass, das Umfrageergebnis betreffend, in anderen Arbeitsbetrieben da vielfach eine Abmahnung fällig wäre. Im medizinischen Alltag hingegen wird es hingegen toleriert und wohl auch tot geschwiegen. Natürlich weiß man ob des besonderen Arbeitsdrucks, dem das medizinische Personal ausgesetzt ist, bzw. in der hoffentlich hinter uns liegenden Pandemie, war. Aber, so die Meinung von Claudia Gottschling, Chefredakteurin von Medscape Deutschland: “Gerade … angesichts des Mangels an Ärzten und Pflegekräften sollte sehr sorgfältig darauf geachtet werden, dass die Mitarbeiter nicht noch zusätzlich demotiviert werden.”
Keine Probleme hat man im Medizinbereich hingegen mit der Selbstbewertung: Die ist nämlich außergewöhnlich gut! Nur ein Fünftel der Befragten kann erkennen, sich selbst schon einmal schlecht benommen zu haben! Und wenn, dann war es häufig die Arroganz der anderen, die dazu führte (60 %)! Allerdings erwarten die Befragten von ÄrztInnen schon ein besseres Benehmen als von Otto Normalverbraucher!
Auch wenn es einem schwerfällt, aber auch die Tatsache, dass diese “Vergehen” in der Mehrheit, nämlich 75 %, von Männern begangen werden, darf hier nicht verschwiegen werden. Und, wie könnte es anders sein, nur die Hälfte aller Betroffenen findet im Falle des Falles auch den Mut sich bei Vorgesetzten zu beschweren - der Rest schweigt und duldet lieber.
Erschütternd vor allem die Ergebnisse der Umfrage hinsichtlich der Social Media Kanäle, in denen, teilweise hemmungslos, gerne Kommentare über PatientInnen, Bilder von Konsultationen oder aus dem Operationssaal gepostet werden und sogar vor Leichen gibt es keinen Respekt!
Wo die Grenzen des guten Geschmacks liegen, das bekommt man leider im Medizin-Betrieb nicht gelehrt!
Quelle: PM zu Fehlverhaltenreport 2022